Brandmauer gegen die AfD: Nur ein bunter Rechtsruck?

06.02.2024

Bibliographische Notiz

Wer wirklich eine offene Gesellschaft anstrebt, Zuwanderung bejaht und Sorge vor einer Wannseekonferenz 2.0 hat, muss sich der sogenannten „Brandmauer“ gegen die AfD entschieden entgegenstellen. Denn diese deckt und fördert den Rechtsruck, den sie zu bekämpfen vorgibt. Ebenso ist sie nur scheinbar gegen „Demokratieverächter“ gerichtet, während sie tatsächlich selbst Demokratie verächtlich macht. Dies mag nicht in der Absicht der ahnungslosen Demonstranten liegen. Die etablierten Parteien jedoch instrumentalisieren die Proteste für parteipolitische Zwecke, während sie zugleich Rechte von Migranten einer unlauteren Wahlkampf-Rhetorik opfern. Im Schatten der Brandmauer wird so die Gesellschaft insgesamt nach Rechts gerückt.

Die Zuwanderung ist nicht Ursache der gegenwärtigen wirtschaftlichen, politischen und sozialen Schieflage in Deutschland. Gleichwohl war vorauszusehen, dass die katastrophalen Folgen der Corona- und Russlandpolitik den Zuwanderern angelastet werden würden. Nach unten treten geht im Zweifelsfall immer – und macht die wahren Ursachen des wirtschaftlichen, politischen und kulturellen Niedergangs vergessen. Treibende Kräfte des Migranten-Bashings sind neben der AfD insbesondere Ampel-Regierung und CDU. Doch während sie selbst unmenschliche Zuwanderungsgesetze auf den Weg bringen, lenken die Altparteien den Protest gegen Rechts mit Hilfe der Correctiv-Geschichte über angebliche „Deportationspläne“ einer „Wannseekonferenz 2.0“, die so nie stattfand, von sich ab- und auf die zweitgrößte Oppositionspartei hin. Eine Spurensuche in den bizarren Ereignissen der vergangenen Wochen.

Einladung an den Untermenschen

Im September 2023 schlug die CDU vor, Asylsuchenden kein Geld, sondern demütigende Essensmarken auszuhändigen. [1] Eine Einladung an den Untermenschen in uns, zugestellt von „echten“ News, von den Guten also. Wer macht mit? Tatsächlich kam dies so gut an, dass die SPD sofort beipflichtete und dasselbe forderte. Björn Höcke blieb die Spucke weg. Friedrich Merz, der Dank der „Brandmauer“ gegen die AfD nun beste Aussichten auf das Kanzleramt hat, legte nach und ätzte: „Die sitzen beim Arzt und lassen sich die Zähne neu machen, und die deutschen Bürger nebendran kriegen keine Termine.“ [2] Bundeskanzler Scholz verkündete: „Wir müssen endlich im großen Stil abschieben.“ [3] Anfang November kürzte die Bundesregierung massiv die ohnehin kaum ausreichende Grundversorgung für Asylbewerber, die länger als eineinhalb Jahre in Deutschland leben. [4]

Mitte November einigten sich die Regierungschefs der Länder dann tatsächlich auf die Einführung einer Bezahlkarte. [5] Folteropfer, die in Deutschland Schutz suchen, können fortan nur in ausgewählten Geschäften einkaufen, keine Überweisungen mehr tätigen (und daher z.B. weder ein Handy nutzen noch einen Rechtsanwalt bezahlen), außerhalb eines definierten Postleitzahlenbereichs nicht mal eine Flasche Wasser kaufen, und selbstverständlich kein Geld an ihre notleidenden Verwandten schicken.

Pro Asyl stellt unmissverständlich klar: „Die Bundesländer haben mit der Bezahlkarte ein Diskriminierungsinstrument konzipiert, das geflüchteten Menschen in Deutschland das Leben schwer machen“ soll. Das erklärte Ziel sei, Menschen „von der Flucht nach Deutschland abzuhalten … Das ist nicht nur schäbig, sondern auch menschenrechtlich zweifelhaft: Schon allein dieses Motiv, der Abschreckungsgedanke, wirft Fragen auf.“ Der Verein erkennt richtig, dass die etablierten Parteien hier auf Kosten der Schwächsten und der Menschenrechte die Wählergunst zurückgewinnen möchten und kritisiert: „Die Bezahlkarte reiht sich ein in politische Maßnahmen, die in einer aufgeheizten gesellschaftlichen Stimmung zweifelhafte Signale an ressentimentgeladene Teile der Bevölkerung senden.“ [6]

Haftähnliche Lager werden errichtet

Kurz vor Weihnachten setzten die Grünen noch einen drauf und stimmten einer europäischen „Asylreform“ zu, die weitgehend den Forderungen von AfD und BSW entspricht. Als einer der wenigen Zeitungen fiel der Frankfurter Rundschau auf, dass damit die Menschenrechte, zumindest nach ihrem bisherigen Verständnis, faktisch abgeschafft wurden: „Ein großer Teil der Asylanträge soll künftig in beschleunigten Verfahren in haftähnlichen Aufnahmeeinrichtungen an der EU-Außengrenze geprüft werden. Die Folge: Schutzsuchende würden pauschal inhaftiert, darunter auch Kinder und vulnerable Personen wie Folteropfer. Das verbietet die Europäische Menschenrechtskonvention, zu der sich alle Mitgliedstaaten der EU verpflichtet haben. Es verstößt auch gegen die UN-Kinderrechtskonvention.“ [7]

Der Rechtsruck bei den Grünen veranlasste einige Parteimitglieder mit Fluchterfahrung zum Austritt. In einem offenen Brief vom 22. Dezember 2023 erklärten sie: „Die Zustimmung zur Reform des Gemeinsamen Europäischen Asylsystems, die das Asylrecht – ein fundamentales Menschenrecht – faktisch abschafft und zum sogenannten „Rückführungsverbesserungsgesetz”, das zu massiven Grundrechtsverletzungen für viele Geflüchtete führen wird, ist ein historischer Verrat grüner Politik an Geflüchteten Menschen … Besonders kritisch finden wir die zunehmend flüchtlingsfeindliche Rhetorik innerhalb der Partei, die in keiner Weise einen Kampf gegen rechts darstellt, sondern vielmehr einen Rechtsruck signalisiert … Wir können nicht Teil einer Partei bleiben, die unsere Bemühungen, die Allgemeingültigkeit der Menschenrechte und rechtsstaatliche Prinzipien zu schützen, untergräbt.“ [8]

Am Vorabend der Wannsee-Konferenz 2.0

Zwischen den Positionen der AfD, der italienischen Ministerpräsidentin Meloni, den etablierten Parteien Deutschlands, der EU, vielen „Querdenkern“, „Verschwörungstheoretikern“ und der Wagenknecht-Partei ist in der Haltung zur Migration kaum mehr eine grundsätzliche Meinungsverschiedenheit zu erkennen. Die neue Einigkeit beschert den etablierten Parteien allerdings auch neue alte Probleme. Wie sich abgrenzen, wie sich profilieren? Anfang Januar stellte Judy Dempsey, Senior Fellow beim US-Think-Tank Carnegie Europe und Chefredakteurin des Online-Magazins „Strategic Europe“, ernüchtert fest: „Die Übernahme der Positionen rechtsextremer Parteien ist als Strategie zur Eindämmung ihres Aufstiegs fehlgeschlagen“. [9]

Doch wie hätte die Strategie der Übernahme rechtsextremer Positionen auch aufgehen können? Je geringer der Abstand zwischen AfD, BSW und den angeblichen „Verteidigern“ der Demokratie in der Migrationsfrage, desto auffälliger stechen die wahren Alleinstellungsmerkmale der demokratischen Herausforderer ins Auge: Beide Parteien stehen für die Aufarbeitung der Corona-Politik. Beide lehnen außerdem eine „aktivere“ Beteiligung Deutschlands am Ukraine-Krieg ab und fordern Friedensverhandlungen. Anders als in der Asylpolitik können die etablierten Parteien bei diesen Themen jedoch nicht mit den „Rechtsextremen“ gleichziehen, zumindest nicht, ohne sich selbst und das „transatlantische Bündnis“ grundsätzlich in Frage zu stellen.

Außerdem sind da plötzlich die Bauern, die das Versagen der Ampel-Regierung wieder auf die Tagesordnung setzen. Zwar dauerte, was zu Corona-Zeiten noch wochenlange Fleißarbeit erforderte, nämlich die Dämonisierung der Demokratiebewegung, bei den Bauern-Protesten keine 48 Stunden mehr. Jedoch offenbarte der Begriff „rechts“ nun erhebliche Abnutzungserscheinungen. Diesmal gelang es nicht, das Demokratie-Virus mit dem Kampfbegriff „rechtsextrem“ zu isolieren und unschädlich zu machen – weitere 48 Stunden später war der Bann schon wieder gebrochen. Was also tun, um die wachsende Kritik an der Regierung einzudämmen und die eigene Macht sowie die außenpolitische Leitlinie vor einem Wahlsieg der AfD zu schützen?

Eine Regierung geht auf die Straße

In dieser ausweglosen Lage platzte die mediale Bombe: Die AfD ist in Wahrheit noch viel rechtsextremer als alle anderen! Also wirklich mega-extrem-rechts jetzt, mit Wannseekonferenz („Endlösung der Judenfrage“), Massendeportationen, Geheim-Verschwörung und allem Pipapo! Insbesondere die Ampel-Wählerschaft zeigte sich schockiert. Hunderttausende empörte Bürger folgten dem Aufruf von etablierten Parteien, Gewerkschaften und Sozialverbänden (darunter auch der Bund der freien Waldorfschulen), gegen die zweitgrößte Oppositionspartei im Land auf die Straße zu gehen. [10] Bundeskanzler Olaf Scholz, Außenministerin Annalena Baerbock und zahlreiche Lokalpolitiker liefen vorne weg. Die Massen skandierten „Nie wieder ist jetzt“ oder „Kunterbunt ist besser als kackbraun“, aber auch „Alle hassen die AfD“ oder „AfDler töten“. [11]

Dass die Regierung gegen ihre Opposition auf die Straße geht und dies als „Demokratie von unten“ verkauft, während sie zugleich die tatsächliche Demokratie von unten, etwa in Form der Corona- oder Bauern-Proteste, als „Angriff gegen die Demokratie“ diffamiert und unerbittlich bekämpft, scheint nur wenige zu beunruhigen. Angesichts einer drohenden „Wannseekonferenz 2.0“ verbieten sich vielmehr jegliche Zweifel an der Brandmauer-Erzählung. Wer hier noch zweifelt, ist ein viel schlimmerer „Menschenfeind“ als es jene waren, die angesichts der drohenden „Triage“ die Corona-Politik hinterfragten.

Was geschah wirklich in Potsdam?

Für das Verständnis der bizarren Vorgänge ist es wichtig, die vom „Recherche-Netzwerk“ Correctiv aufgedeckten Fakten scharf von ihrer medialen Übersetzung zu unterscheiden. Correctiv berichtete am 10. Januar 2024 über ein Treffen von AfD- und CDU-Mitgliedern mit dem rechtsextremen Österreicher Martin Sellner, das im November vorigen Jahres in einer Potsdamer Villa stattgefunden hatte. Auf noch nicht vollständig geklärtem Wege erhielten die Fakten-Checker offenbar Kenntnis vom Inhalt der Gespräche. Demnach diskutierten die Anwesenden mögliche Wege, abgelehnte und kriminelle Asylbewerber, aber auch „nicht assimilierte“ Migranten, schneller abzuschieben. [12]

Mit Ausnahme der im Bundestag verbliebenen Rest-Linken wollen alle Parteien schneller abschieben. Der einzige rechtlich fragwürdige Punkt, den Correctiv hier „aufdeckte“, hängt mit dem Ausdruck „nicht assimiliert“ zusammen. Dieser bildet daher den Kernpunkt der „Recherche“. Was nämlich, wenn jene „nicht assimilierten“ Migranten bereits die deutsche Staatsbürgerschaft besitzen? Laut Correctiv antwortete Sellner auf diese Frage, dass dann ein „Anpassungsdruck“ durch „maßgeschneiderte Gesetze“ erzeugt werden müsse. Correctiv mutmaßt, der Österreicher stelle damit die Unantastbarkeit einer einmal erlangten Staatsbürgerschaft zur Debatte. Wer also beispielsweise mit der Hamas sympathisiert, könnte die deutsche Staatsbürgerschaft wieder verlieren. Damit wäre einer Zweiklassengesellschaft der Weg geebnet.

Sellner hat diesen Gedanken aber erstens so nicht geäußert. Zumindest steht davon nichts im Correctiv-Bericht. Zweitens hegt er ihn (wenn er ihn denn hegt) keinesfalls alleine. Am 14. November 2023, also wenige Tage vor jenem Potsdamer Treffen, legte die CDU-Fraktion dem Bundestag einen Gesetzesentwurf vor, in dem es heißt: „Wer das Existenzrecht des Staates Israel leugnet, zur Beseitigung des Staates Israel aufruft oder eine sonstige vorsätzliche antisemitische Handlung vornimmt und aufgrund dessen zu einer Freiheitsstrafe von mindestens einem Jahr verurteilt wird, verliert die deutsche Staatsangehörigkeit.“ [13] Die CDU meint zwar (vorerst) nur jene, die eine doppelte Staatsbürgerschaft besitzen – dass aber nur Identitäre und einige AfDler über eine Aufweichung des Staatsangehörigkeitsgesetzes zum Zweck der Ausweisung „nicht assimilierter“ Migranten nachdenken, kann jedenfalls nicht behauptet werden.

Das 80er Revival

Ähnlich sieht es mit den übrigen vermeintlichen „Entdeckungen“ des sog. „Recherche-Netzwerks“ aus: Sie sind nicht schön, aber weder neu noch geheim, und schon gar nicht exklusives AfD-Gedankengut oder Agenda einer „Verschwörung“. Correctiv kritisiert etwa Sellners Vorschlag, abgelehnte Asylbewerber, die von ihrem Heimatland nicht zurückgenommen werden, in einen Drittstaat zu verbringen und dort zu versorgen. Der Fakten-Checker zieht auch hier die Nazi-Karte und erklärt: „1940 planten die Nationalsozialisten, vier Millionen Juden auf die Insel Madagaskar zu deportieren.“ Tatsächlich ist Sellners Vorschlag auch ohne diesen Nazi-Vergleich gruselig genug – vor allem deshalb, weil er gelebte Praxis unseres Nachbarlandes Großbritannien ist. Allerdings in noch drastischerer Form als in Sellners Vision: Großbritannien verschleppt „illegal eingereiste“ Flüchtlinge nicht nur nach Ruanda, sondern verbietet ihnen auch dann noch die Einreise, wenn ihr Asylantrag positiv beschieden wurde. In Ruanda wird es demnach bald von traumatisierten und mittellosen Syrern, Afghanen und Jemeniten wimmeln. [14]

Bliebe noch das Thema „Remigration“ - dies ist nun wirklich, für jeden nachprüfbar, ein alter und seit Jahrzehnten diskutierter Hut. Einen wirklichen Geheimplan hierzu gab es auch – erdacht in den 80er Jahren vom damaligen Bundeskanzler Helmut Kohl. Laut den von der britischen Regierung freigegebenen Geheimdokumenten plante die Bundesregierung, die Zahl der in Deutschland lebenden Türken auf 50% zu reduzieren. Der Spiegel berichtete: „Was damals in der Bonner Republik gesellschaftlicher Konsens war, würde im Deutschland von heute als ziemlich weit rechts gelten.“ Man habe die Türken „einfach nur loswerden“ wollen, wegen ihrer „andersartigen Kultur“. [15] Diese Vorgeschichte macht die Potsdamer Gespräche zwar nicht sympathischer, kann aber helfen, sie innerhalb der demokratischen Debatte richtig zu verorten.

Hitler war ja auch Österreicher

„Aufgedeckt“ hatte Correctiv also in Wahrheit überhaupt nichts. Doch was trieb die „wehrhafte Demokratie“ dann auf die Straße? Ganz einfach: Der „Fakten-Checker“ umrahmte die Fakten mit reichlich Prosa, und die ging unter die Haut. Bereits der Titel der „Recherche“ jagte dem geneigten Leser Schauer über den Rücken: „Geheimplan gegen Deutschland.“ Correctiv schleicht sich ein, ermittelt „verdeckt“. Liefert grobkörnige, aus dem Abenddunkel durchs Fenster geschossene Fotos. Und dichtet: „Was dort an diesem Wochenende entworfen wird, ist ein Angriff auf die Existenz von Menschen. Und es ist nicht weniger als ein Angriff gegen die Verfassung der Bundesrepublik.“ Fehlt nur die Musik. Geschickt baut der Artikel die Spannung auf, raunt etwas von einem „Masterplan“, verrät aber nicht, worum es geht. Und dann endlich, die Bombe: „Knapp acht Kilometer entfernt von dem Hotel steht das Haus der Wannseekonferenz, auf der die Nazis die systematische Vernichtung der Juden koordinierten.“ Der Schauerroman endet, wer hätte das gedacht, mit einer handfesten Verschwörung: „Sellner liefert die Ideen, die AfDler greifen sie auf und tragen sie in die Partei. Im Hintergrund kümmern sich andere um die Vernetzung ...“

„Geheimplan“, „Wannseekonferenz“, „Deportation“ – mit den berichteten Fakten hat all das nicht das Geringste zu tun, sondern ist reinste, durchaus gekonnte Prosa. Und diese treibt die Menschen auf die Straße, Seite an Seite mit der Regierung, gegen die Oppositionspartei. Correctiv verteidigte die Irreführung wenige Tage später, als es schon zu spät war, mit der Falschbehauptung, man habe selbst weder den Vergleich zur Wannseekonferenz gezogen, noch den Ausdruck „Deportation“ gebraucht. Dies sei allein das Werk der berichtenden Medien gewesen. [16]

Was können die Wähler verdauen?

Die Medien leisten in der Tat ganze Arbeit. Nicht genug, dass sie die Opfer des Nationalsozialismus durch die unerträgliche Relativierung der Wannseekonferenz verhöhnen und die Geschichtsvergessenheit der Deutschen in dieser gefährlichen Zeitlage weiter befördern. Nein, sie spannen sogar Überlebende des Holocaust für ihren Wahlkampf ein, lassen sie in Talk-Shows von ihrem Leiden berichten, während der „Experte“ dem Publikum die Chancen erklärt, eine demokratisch gewählte Oppositionspartei zu verbieten oder einem politischen Gegner „die Grundrechte zu entziehen“.

Wem hierbei nicht übel wird, der hat in der Tat keine Menschlichkeit mehr in sich. Hier liegt aber zugleich auch das tiefere Problem der „Brandmauer“: Eben diese sich seit Jahren steigernde Übelkeit ist der Hauptgrund, weshalb sich immer mehr Menschen von den etablierten Parteien abwenden. Der Schlag in die Magengrube mag die AfD zwar vorerst einige wenige Prozentpunkte kosten, steigert aber gesamtgesellschaftlich den Brechreiz ins Unermessliche, sodass sich das geschundene Volk nun mit einer an Sicherheit grenzenden Wahrscheinlichkeit Erleichterung verschaffen wird – auf die eine oder andere Art.

Eine offene Gesellschaft ist nicht selbstverständlich

Ich persönlich stehe in der Migrationsfrage auf dem Standpunkt der im Bundestag verbliebenen Rest-Linken, bin also für eine radikal offene Gesellschaft. Dass die etablierten Parteien und sämtliche Medien mittlerweile ganz selbstverständlich Migration nur noch unter dem Gesichtspunkt der Wirtschaftlichkeit betrachten und das Menschenrecht dem Beitrag „qualifizierter Facharbeiter“ zum Bruttosozialprodukt unterordnen, ist für mich schwer auszuhalten. Ich stehe auf dem offenbar verlorenen Posten einer absoluten Minderheit, die sagt: Nicht nur wirtschaftlich, sondern vor allem kulturell ist Zuwanderung, auch aus muslimisch geprägten Ländern, eine Bereicherung. Mein Menschenrechtsbegriff erlaubt weder, den Facharbeiter vorzuziehen, noch, den drohenden Hungertod nicht genauso wie Folter als möglichen Fluchtgrund anzuerkennen.

Ich weiß aber, dass eine Mehrheit in Deutschland anders denkt als ich. Dies auszuhalten, macht eine demokratische Gesinnung aus. Mein Demokratiebegriff verbietet mir, alleine die Befürworter meiner eigenen Meinung als „Demokraten“ hinzustellen und die Vertreter anderer Meinungen demgegenüber als „Demokratieverächter“ zu brandmarken, auszugrenzen und mit undemokratischen Methoden zu bekämpfen. Auch ist mir klar, dass meine Meinung erklärungsbedürftig ist, und die anhaltende Migration tiefste gesellschaftliche Fragen berührt. Diese ernsten Fragen mittels einer primitiven Wir-gegen-die-Polemik zu übergehen, schadet letztendlich vor allem den schutzsuchenden Asylbewerbern.

Der wahre Kern der Proteste

Die Proteste gegen Rechts beinhalten einen wahren Kern. Umso tragischer ist es, dass dieser von plumper Parteipolitik zertrampelt wird, anstatt sich in einem offenen Diskurs entfalten zu dürfen. Dann hätte er die Chance, aufzugehen, zu wachsen und die schönste Blüte hervorzubringen. Viele Demonstranten sind nämlich offenbar der Meinung, eine Demokratie sei nicht allein durch ein demokratisches Wahl- und Abstimmungsverfahren definiert, sondern setze zugleich einen Bürgerbegriff voraus, der von Hautfarbe, Ethnie und Geschlecht abstrahiert, und somit alle Menschen einschließt. Privilegien für bio-deutsche Staatsbürger gegenüber Staatsbürgern mit Migrationshintergrund darf es demnach nicht geben.

Dieser zunächst im naiven Gefühl lebende Gedanke ist richtig, muss sich aber auch der Wirklichkeit stellen, wenn er Früchte tragen soll. Dazu gehört zuallererst das Eingeständnis, dass in Deutschland aktuell über 10 Millionen Menschen leben, die nicht dieselben Rechte genießen wie Bio-Deutsche und zum Beispiel nicht wählen dürfen. Und eine ehrliche Antwort auf die Frage, wie rechtsradikal die Ampel-Regierung eigentlich ist, wenn sie den Hass von in Deutschland lebenden Palästinensern gegen eine Regierung, die aktuell ihre Verwandten ermordet, mit dem biologistischen und systematischen Antisemitismus der Nationalsozialisten vergleicht und so einmal mehr den Holocaust relativiert.

Zweitens gehört dazu die Anerkennung der Tatsache, dass der „Jüdische Staat“ gemäß des Demokratiebegriffs der Brandmauer-Aktivisten keine Demokratie ist. [17] Und drittens, dass Israel allerdings gewichtige Gründe dafür vorweist, warum es keine Demokratie sein kann. Das Hauptargument lautet: In einer offenen Gesellschaft, die Palästinensern gleiche Rechte zuerkennt, würden sich letztere überproportional vermehren. In der Konsequenz wäre Israel bald kein jüdischer Staat mehr; ja Juden bildeten dann eine Minderheit und müssten wieder Verfolgung fürchten. Der ganze Sinn der Staatsgründung, nämlich dem jüdischen Volk angesichts des Holocausts die Sicherheit eines eigenen Staates zu geben, wäre also durch die Realisierung eines Demokratiebegriffs, wie er den Brandmauer-Aktivisten vorschwebt, zunichte gemacht. [18]

Das Hauptargument der Identitären

Wer für eine offene Gesellschaft eintreten möchte, muss ihren Gegnern zuhören und praktische Antworten auf deren Argumente geben. Die Befürworter einer multikulturellen Gesellschaft kommen ihrem Ideal keinen Schritt näher, wenn sie Gegenargumente einfach ignorieren und bloß irgendwie „gegen Rechts“ sind. Nicht die Rechtsextremen, sondern die Verfechter der offenen Gesellschaft sind in der Bringschuld. Sie müssen den praktischen Beweis erbringen, dass eine multikulturelle Gesellschaft möglich ist. Wer also wie ich zur Willkommenskultur steht und sagt: „Wir schaffen das“, muss die Betonung auf „schaffen“ legen. Ja, wir schaffen das – wenn wir angesichts der Zuwanderung etwas „schaffen“ im Sinne einer Neuschöpfung. Wir schaffen es aber selbstverständlich nicht, wenn wir beim Bekenntnis stehen bleiben und die Opposition diffamieren.

Das Kernargument der Rechtsextremen, insbesondere der Identitären, ist dasselbe wie das vieler israelischer Politiker. Sie sagen: Die Werte einer freiheitlich-demokratischen Gesellschaft sind abhängig von der jeweiligen Kultur. Wenn Ethnien, die keine Trennung von Kirche und Staat kennen, überproportional vertreten sind, wird die Demokratie demokratisch überstimmt.

Die vermeintliche „Brandmauer gegen Rechts“ ist eine Brandmauer der Schande, weil sie sich dieser Kernthese rechtsextremen Denkens intellektuell nicht zu stellen vermag und dies mit Schlachtgetöse übertönt. Sie ist eine Brandmauer der Schande, weil sie den parteiübergreifenden Rechtsruck toleriert und in keiner Weise für die Rechte von Migranten und Asylsuchenden eintritt. Sie will keine Antwort darauf geben, wie Zuwanderung als Bereicherung erlebt werden kann, sondern lediglich „gegen“ andere sein, die sie zu ihren „Feinden“ erklärt. Im Beschimpfen ihres Feindbildes wähnen sich nicht wenige Demonstranten gar auf einer Stufe mit Sophie Scholl. [19] Eine derart absolute geistige Leere bedeutet aber zugleich größtmögliche Offenheit für alles mögliche, das intelligentere Zeitgenossen mit dem Mob anstellen können – und auch anstellen werden.

Der Scheideweg

Selbstverständlich ist eine Demokratie von der Kultur der an ihr teilnehmenden Menschen bedingt. Daraus kann man entweder, wie es Altkanzler Helmut Schmidt tat, schließen, dass Zuwanderung auf solche Ethnien beschränkt werden müsse, die mit den Deutschen ausgesprochen „verwandt“ seien. [20] Oder man kann, wie ich es tue, umgekehrt schließen, dass eine durch ethnische Zugehörigkeit definierte Kultur noch keine belastbare Grundlage für eine freiheitlich-demokratische Gesellschaft bietet. Demokratie bedarf nach dieser zweiten Lesart einer neuen Kultur, die zwischen den Angehörigen verschiedener Ethnien als freie, originär menschliche Schöpfung erst gebildet wird.

Dies setzte allerdings voraus, gesellschaftliche Räume der freien und freilassenden Begegnung politisch zuzulassen. Wenn der Staat dagegen die geistig-kulturelle Vormundschaft ausübt, ist es ganz selbstverständlich, dass jeder des Staates habhaft werden möchte, um die eigene Kultur durchzubringen. Die soeben erfolgte Gründung der DAVA, einer neuen Partei von und für Menschen mit Islam-Bezug, erklärt sich aus der vorangegangenen islamfeindlichen Rhetorik der staatlichen „Leitkultur“. [21] In einer offenen Gesellschaft ist der Krieg um die kulturelle Belegung der Staatsgewalt dagegen weder möglich noch nötig, weil diese nicht nur Staat und Kirche trennt, sondern den Staat vom Kultur- und Geistesleben insgesamt.

Eine offene Gesellschaft ist (noch) möglich

Eine offene Gesellschaft muss zuallererst den fundamentalen Unterschied zwischen einem demokratischen Urteil und einem Erkenntnisurteil berücksichtigen. Der Satz „Jeder Mensch hat das Recht auf körperliche Unversehrtheit“ sagt nichts über ein Objekt aus, sondern bringt affirmativ ein Sollen zum Ausdruck. Ob er „wahr“ oder „falsch“ ist, kann nicht festgestellt werden. Weil er keine Wahrheit enthält, und nur aus diesem Grund, kann er demokratisch beschlossen werden. Der Satz „die Erderwärmung ist menschengemacht“ dagegen ist ein Erkenntnisurteil. Es bringt kein Sollen, sondern den Bezug eines menschlichen Subjekts auf sein Wahrnehmungsobjekt zum Ausdruck. Weil dieses Urteil von Wahrheit oder Unwahrheit handelt, kann es nur vom jeweiligen Individuum im Hinblick auf sein konkretes Erkenntnisobjekt gefällt werden.

In dem Maße, in dem dieser einfache Tatsachenzusammenhang verstanden und berücksichtigt wird, entwickelt sich die zur Begründung einer multikulturellen Gesellschaft notwendige freie Kultursphäre. [22] Das heißt aber: Eine Demokratie in dem Sinne, wie sie sich die „Brandmauer gegen Rechts“ offenbar wünscht, beginnt mit dem Zurückdrängen all der schönen und guten „Wahrheiten“, mit denen insbesondere die Grünen den Staatsapparat besetzen und gegen jeglichen Diskurs abriegeln. Die Gleichsetzung von „der Demokratie“ mit der eigenen „Wahrheit“, die arrogante Selbstverständlichkeit, mit der Meinungen absolut gesetzt wurden, hat die Demokratie zerstört, den Rechtsruck bewirkt, der AfD zum Aufstieg verholfen und die Aussicht auf ein friedliches Zusammenleben verschiedenster Ethnien in weite Ferne gerückt.

Vom Islam lernen

Rached al-Ghannouchi, ehemaliger Ministerpräsident Tunesiens und Rädelsführer des Arabischen Frühlings, wurde soeben vom neuen Machthaber Kais Saied verhaftet. Die Bundesregierung kann für Ghannouchi und die Demokratie in Tunesien wenig tun, weil sie den Diktator Saied braucht, um die o.g. „haftähnlichen Aufnahmelager“ an den EU-Außengrenzen errichten und damit rechte Rhetorik bedienen zu können. [23]

Ghannouchi schreibt in seinem Hauptwerk, man dürfe der islamischen Welt keine Demokratien nach westlichem Vorbild überstülpen, sondern müsse sie umgekehrt aus den dortigen Gesellschaften heraus entwickeln. [24] Eindrücklich weist er nach, dass die Menschenrechte auch aus dem Islam hergeleitet werden können. Dann markiert er aber scharf den Punkt, wo er die eigentliche Differenz zum Westen sieht: Im Westen werde der Mensch als das Maß aller Dinge betrachtet, und die Menschenrechte demnach bloß als menschliche Konstrukte. Dies erzeuge Misstrauen in der islamischen Welt, ob diese Menschenrechte, wenn sie denn nur freie menschliche Erzeugnisse seien, nicht von Tag zu Tag geändert oder jeweils so ausgelegt werden könnten, wie es gerade passe.

Ich musste bei der Lektüre unweigerlich an die Entwicklung Deutschlands in den vergangenen Jahren denken, an die Umdeutung der Menschenrechte während Corona, die Verhaftung Michael Ballwegs, die Entlassung Ulrike Guerots oder aktuell das Bestreben, eine Oppositionspartei zu verbieten und Björn Höcke die „Grundrechte zu entziehen“.

Sind die Menschenrechte bloß eine Erfindung?

Ghannouchi stellt der instabilen westlichen Demokratie nun Menschenrechte entgegen, die als göttliche Gebote erlebt werden, und daher absolut gelten. Nun liegt es mir zwar fern, vom menschengemachten Recht wieder zum göttlichen Gebot zurückzukehren. Ich sehe aber, dass der tunesische Staatsmann hier einen Punkt hat, der, richtig verstanden, ein Schlüssel für die Verständigung zwischen westlicher Welt und den islamisch geprägten Ländern sein könnte.

Als Europäer kann ich zwar nicht leugnen, dass ich im Recht etwas sehe, das sich erst im zwischenmenschlichen Verkehr als ureigene menschliche Schöpfung heranbildet. Gleichwohl muss ich zugeben, dass dieses Recht, wenn es Sicherheit bieten soll, als objektiv erlebt werden können muss. Das Rechtsempfinden empfindet „etwas“, das, wenn auch vielleicht in einem anderen Sinn als Ghannouchi es meint, durchaus „vorhanden“ ist, oder wenigstens mehr ist als ein rein subjektiver Ausdruck zufälliger Mehrheitsverhältnisse in gewählten Parlamenten.

Im Verständnis der Menschenrechte steht auch der Westen erst am Anfang. Dieses kleine Beispiel einer dialogischen Betrachtung mag als Hinweis dienen, weshalb die Demokratie in Deutschland zwingend auf Migration angewiesen ist, und eben nicht nur in ökonomischer Hinsicht. Aber auch, weshalb die „Brandmauer gegen Rechts“ das genaue Gegenteil dessen ist, was sie zu sein vorgibt. Der Westen wird, je mehr seine vorgeblichen „Menschenrechte“ als willkürliche Setzungen im Dienst ökonomischer oder machtpolitischer Interessen erscheinen, nicht nur niemanden mehr „integrieren“ können, sondern sich auch zusehends selbst zerfleischen.

Wenn man ihr Erstarken hätte verhindern wollen, so hätte man der AfD niemals den Gefallen machen dürfen, ihnen offenkundiges Unrecht zu tun. Die „Brandmauer“ kann Rechts nur aufhalten, wenn sie es ehrlich meint mit den Migranten, und das heißt: Wenn sie sich dem gesamtgesellschaftlichen Rechtsruck parteiübergreifend entgegenstellt, und zugleich demokratisch legitimierte Parteien wie die AfD in dem Augenblick in Schutz nimmt, da sie von der Regierung mit undemokratischen Methoden angegriffen werden. Freiheit ist, das kann nicht oft genug betont werden, immer die Freiheit des anderen. Der Bruch mit diesem Grundsatz aber ist das Kennzeichen des Totalitarismus.

Die zur Phrase erstarrte Kultur des Westens muss wiederbelebt werden. Dies kann nur gelingen, wenn sie in der Begegnung über sich hinauswächst, mit „fremden“ Kulturen zusammenfindet und auch radikale Gegenpositionen toleriert und zu verstehen sucht. Dann, und nur dann, kann die Demokratie von allen Seiten beleuchtet und in ihrer vollen Objektivität erfasst werden.

Johannes Mosmann
6. Februar 2024

Anmerkungen

[1] https://www.cdu.de/artikel/regierung-muss-handeln

[2] https://www.sueddeutsche.de/politik/merz-asylbewerber-zahnarzt-arzttermine-deutschland-gesundheitssystem-1.6259742

[3] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/olaf-scholz-ueber-migration-es-kommen-zu-viele-a-2d86d2ac-e55a-4b8f-9766-c7060c2dc38a?

[4] https://www.merkur.de/politik/eingeschraenkt-werden-leistungen-fuer-asylbewerber-sollen-zr-92659175.html

[5] https://taz.de/Bezahlkarte-fuer-Gefluechtete/!5985824/

[6] https://www.proasyl.de/news/bezahlkarte-ohne-standards-laender-vereinbaren-diskriminierungskonzept/

[7] https://www.fr.de/politik/rechtlos-europa-grenzen-asyl-gesetz-menschenrecht-eu-92733669.html

[8] https://www.berliner-zeitung.de/politik-gesellschaft/austrittserklaerung-offener-brief-ampel-koalition-migration-die-asylpolitik-der-gruenen-tragen-wir-nicht-mehr-mit-li.2170850

[9] https://carnegieeurope.eu/strategiceurope/91411

[10] https://www.waldorfschule.de/ueber-uns/printmedien/broschueren/erklaerungen/aufruf-demokratie Vergl. auch: https://www.cicero.de/comment/400889

[11] https://www.bild.de/regional/nordrhein-westfalen/regional/afdler-toeten-ermittlungen-wegen-aachener-demo-plakat-86875580.bild.html

[12] https://correctiv.org/aktuelles/neue-rechte/2024/01/10/geheimplan-remigration-vertreibung-afd-rechtsextreme-november-treffen/

[13] https://dserver.bundestag.de/btd/20/093/2009311.pdf

[14] https://www.tagesschau.de/ausland/europa/grossbritannien-asylsuchende-101.html

[15] https://www.spiegel.de/politik/deutschland/kohl-wollte-jeden-zweiten-tuerken-in-deutschland-loswerden-a-914318.html

[16] https://www.berliner-zeitung.de/mensch-metropole/nach-tv-eklat-correctiv-loescht-begriff-deportation-aus-buchbeschreibung-li.2181964

[17] Vergl. auch: https://www.derstandard.at/story/2000146426194/keine-echte-demokratie-ohne-die-palaestinenser

[18] Vergl. https://arabcenterdc.org/resource/israel-sees-palestinian-family-reunification-as-a-demographic-threat/

[19] https://twitter.com/Antisemiticblog/status/1749489762661028133

[20] https://www.youtube.com/shorts/E9gGx1AVMLY

[21] https://de.wikipedia.org/wiki/Demokratische_Allianz_für_Vielfalt_und_Aufbruch

[22] Ausführlich behandle ich den Begriff der Demokratie in meinem neuen Buch „Die erweiterte Demokratie“, bestellbar unter: https://www.dreigliederung.de/publish/erweiterte-demokratie

[23] https://www.tagesschau.de/inland/innenpolitik/faeser-tunis-100.html

[24] Rached al-Ghannouchi, Public Freedom in the Islamic State, Yale University Press 2022