Izetbegovic, Tudjman und die nationale Rethorik

13.07.2000

Mit nationaler Rhetorik alleine gibt es nichts mehr zu gewinnen.

In Bosnien droht Präsident Alija Izetbegovic mit seinem Rücktritt. Seine regierende Moslem-Partei (Partei der Demokratischen Aktion SDA) hatte im April bei den Kommunalwahlen eine große Schlappe einstecken müssen und um die bevorstehende Parlamentswahl im November steht es schlecht. Izetbegovic will vor allem der internationalen Bosnien-Verwaltung die Schuld dafür geben: "Die internationale Gemeinschaft hat die Medien offen unter ihre Kontrolle genommen. Damit kann ich nicht leben", klagt Izetbegovic. Er bezieht sich damit auf den OSZE-Wahlslogan "Wählen Sie den Wechsel", womit nicht Izetbegovic gemeint ist.

Daß die OSZE nun die selben Mittel, mit denen Izetbegovic an die Macht gekommen ist und das ethnische Bewußtsein in seinem Land schürte, gegen ihn wendet, kann man wohl kaum bedauern. Laßt ihn nur gehen.

Die Bevölkerung Bosniens kann mit ethnischer Politik nichts mehr anfangen, wo nun seit 5 Jahren Frieden das Feindbild zu bröckeln beginnt, das internationale und individuelle Geistesleben Einzug hält und den nationalen Diskurs aus den Medien drängt. Eine Partei, die unter dem Parteiprädikat "demokratisch" inhaltlich "islamisch" versteht, und dies mit der grün-weißen Parteiflagge mit dem grauen islamischen Halbmond kund tut, hat in demokratischer Politik nichts zu suchen. Mit Religion sollte keine Politik gemacht werden und auch nicht mit ethnischer Kultur. Daher muß die SDA nun ihre Position zugunsten der früher als kommunistisch verpönten Sozialdemokratischen Partei (SDP) abgeben. Da sollte sich aber die SDA selbst an der Nase fassen: "ich glaube, es gibt mehr Kommunisten in den nationalistischen Parteien", pointiert der Vize-Vorsitzende von SDP Sejfudin Tokic ganz treffend. Auch der bosnische Ableger der Kroatischen Demokratischen Union (HDZ), der kroatische Nationalist Franjo Tudjman, leidet unter dem Entnationalisierungsprozeß. "Die Hardliner wollen immer noch ethnisch reine Gebiete, dadurch läuft die HDZ Gefahr, eine kleine Regionalpartei zu werden", beklagt sich der HDZ-Politiker Radoslav Ljubas, denn dafür findet die Partei bei den Kroaten nur im radikalen Mostar-Gebiet Verständnis.