Die Reform der Vereinten Nationen

15.09.2000

Seit ein paar Wochen schon läuft das "UN-Milleniums-Treffen". Welche Erwartungen und Intentionen der UN-Generalsekretär Koffi Annan in den Milleniums-Gipfel setzt, ist schon deutlich erkennbar an der Einladung von sowohl parlamentarischen Vertretern, als auch von geistlichen Repräsentanten aller (leider nur konventionellen) Richtungen.

Zu Beginn der Vollversammlung der Vereinten Nationen (UN) hatte Kofi Annan die Mitgliedsstaaten zu mehr Effizienz aufgerufen und dazu aufgefordert, sich für eine umfassende Modernisierung der Weltorganisation zu engagieren. Eine kleine Minderheit dürfe die Konsensfindung der Vollversammlung nicht übermäßig aufhalten, sagte Annan am Dienstag und verwies dabei auf das Vetorecht, dass die fünf ständigen Mitglieder des Sicherheitsrates haben - die USA, Russland, Frankreich, Großbritannien und China.

Aber die wohlwollenden Staatschefs spielen nicht so recht mit: Die US-Aussenministerin Madeleine Albright forciert ungeschminkte Erpressungspolitik. Sie hat von den Vereinten Nationen eine deutliche Senkung des amerikanischen Mitgliedsbeitrages als Voraussetzung für die Begleichung von 1,8 Milliarden Schulden Washingtons bei der Weltorganisation verlangt. Die UN müssten für ein "gerechteres System der Finanzierung" sorgen, sagte Albright am 12.09.2000 bei der Eröffnung der Generaldebatte der 55. UN-Vollversammlung; Nur dann könne ihre Regierung einen weiteren Scheck über 600 Millionen Dollar zur Begleichung älterer Verpflichtungen ausstellen. Weil die USA seit längerem nur Pfennigbeträge zahlen, sind jetzt Japan und Deutschland größte Beitragszahler der UN, und das verleitet diese beiden Länder nun dazu, ihren seit langem gehegten Wunsch einer Mitgliedschaft im Sicherheitsrat Nachdruck zu verleihen. Bundesaußenminister Joschka Fischer erläuterte das deutsche Interesse am Sicherheitsrat bei einem Pressegespräch. Berlin drängele nicht, arbeite aber beharrlich darauf hin. Der Wunsch nach einer handlungsfähigen Organisation der Vereinten Nationen nehme weltweit zu. Das werde "den Reformdruck weiter anwachsen lassen" und eines Tages werde auch in der Frage neuer Mitglieder im Sicherheitsrat "alles ganz schnell gehen". Und Japans Außenminister erklärte, die Reform des Sicherheitsrates müsse die heutige Weltlage widerspiegeln und dabei auch die gewachsene Bedeutung der Entwicklungsländer berücksichtigen. Bei der Erweiterung des Gremiums müssten deshalb neben weiteren Industriestaaten auch Entwicklungsländer aufgenommen werden.

Es erscheint wie ein Hohn gegen Annan, wenn Joschka Fischer die Aufnahme Deutschlands in den Sicherheitsrat als Teil einer handlungsfähigen Reform der UN sieht. Annan drängt explizit auf eine Auflösung und nicht eine Erweiterung des Sicherheitsrats.

Dabei ist aber Annan nicht ganz ohne Schuld an der deutschen und japanischen Gier nach Einfluß auf globale Sicherheitspolitik. Annans Reformkatalog hatte eine weite inhaltliche Spanne von "low Politics" (z.B. Wohlfahrtspolitik) bis "high Politics" (Sicherheitspolitik).

Er mag zwar richtig urteilen wenn er meint, das die UN gegenwärtig ihre größte Rolle in der Sicherheitspolitik hat, und dass besonders in diesem Bereich die Interessen Europas liegen. Es muß ihm aber auch klar sein, dass die UN mit "high Politics" nur ein Spielball der Interessen der Mitglieder des Sicherheitsrates sein kann. Außerdem kann nur integrativ-funktionalistische Politik mit "low-Politics" betrieben werden, und nur mit z.B. "low-Politics" ist es möglich, die UN zu reformieren und um neue Kompetenzen zu erweitern. Die historische Entwicklung der EG ist ein gutes Beispiel von integrativer Politik auf der Basis von "low-Politic", mit expandierenden Kompetenzbereichen.

Der Katalog Annans ist angenommen worden.In der Abschlusserklärung des Millenniums-Gipfels am 15.09.2000 hatten die Teilnehmer verstärkte Maßnahmen gegen Krieg, Armut, Aids und Umweltverschmutzung angekündigt. Aber gerade die Reformansätze für die Annan warb, sind letztendlich entscheidend für eine erfolgreiche Ausführung dieser Ziele.