Teilzeitarbeit und deutscher Mittelstand

20.10.2000

Der von der deutschen Bundesregierung geplante generelle Rechtsanspruch auf Teilzeitarbeit ist im Bundesrat zum Teil scharf kritisiert worden. Barbara Stamm, die christlich-soziale Sprecherin von Bayern sieht dadurch die Flexibilität der Unternehmen beim Personaleinsatz über Gebühr eingeschränkt. Sprecher der sozialdemokratisch-regierten Länder unterstützen den Gesetzentwurf, fordern aber Nachbesserungen zugunsten kleiner und mittlerer Unternehmen. Von Seiten des Bundesarbeitsministeriums wird darauf verwiesen, daß mit dem Gesetz zur Teilzeitarbeit lediglich EU-Richtlinien in deutsches Recht umgesetzt werden.

Arbeitnehmer sollen dem Gesetzentwurf der Bundesregierung zufolge nach mindestens sechsmonatiger Anstellung einen Anspruch auf Reduzierung ihrer Arbeitszeit erhalten. Der Arbeitgeber darf dann Anträge auf Teilzeitarbeit nur ablehnen, wenn dem betriebliche Gründe entgegenstehen. Zudem soll der Arbeitgeber verpflichtet werden, Teilzeitbeschäftigte bei der Besetzung neuer Vollzeitarbeitsplätze vorrangig zu berücksichtigen. Außerdem müssen freie Arbeitsplätze in Betrieben künftig auch als Teilzeitarbeitsplätze ausgeschrieben werden, wenn keine dringenden betrieblichen Gründe entgegenstehen.

Dem demokratischen Staat wird nun durch die Landespolitiker mehr oder weniger deutlich das Recht bestritten, in der Arbeitszeitfrage ungeachtet wirtschaftlicher Interessen zu entscheiden. Während dem Gesetz für die christlich-soziale Politiker ganz allgemein unternehmerische Gründe entgegenstehen, berufen sich die sozial-demokratischen Politiker auf kleinbetriebliche Gründe.

Barbara Stamm meint wohl unter Politik zunächst Wirtschaftsvertretung. Davon abweichen wird sie höchstens, um die ihrer christlichen Liebe heilige Familie vor diesen wirtschaftlichen Interessen zu retten. Nur Eltern von Kleinkindern hätten dann Anspruch auf Teilzeitarbeit. Was die Sozialdemokraten ihrerseits nicht sehen wollen, ist daß nicht der Staat, sondern die Wirtschaft selber die wirtschaftlichen Folgen von Gesetzen zur Arbeitszeit abzufedern hat. Machen sie kleineren Betrieben zu schaffen und machen solche Betriebe wirtschaftlich doch Sinn, dann soll nicht der Staat, sondern die großen Betriebe ihnen beistehen. Daß bei Teilzeitarbeit für dieselbe Menge an Arbeit mehr Sozialkosten anfallen ist kein Argument mehr, sobald die Wirtschaft aufhört, die Sozialkosten der Arbeitslosen auf den Staat abzuwälzen. Rechnet man alles zusammen, dann kosten zwei Halbarbeitende nicht mehr als ein Vollarbeitender und ein Nichtarbeitender.