Djukanovic besteht weiter auf Unabhängigkeit für Montenegro

25.12.2000

Jugoslawien verlangt vom UN-Sicherheitsrat Änderungen des militärisch-technischen Abkommens über die entmilitarisierte Zone entlang der serbischen Grenze zum Kosovo. Dies sei wegen der Aktivitäten der albanischen Terroristen in der Pufferzone notwendig, hieß es in einer Mitteilung nach dem heutigen Treffen des Obersten Verteidigungsrates in Belgrad. Jugoslawien hat mehrmals in den vergangenen Wochen verlangt, die fünf Kilometer breite Zone zu verkleinern, um sie besser überwachen zu können. In dem Gebiet kämpft die kosovo-albanische Befreiungsarmee von Presevo, Medvedja und Bujanovac (UCPMB) für die Vereinigung der Region mit dem Kosovo. In den vergangenen Wochen war es wiederholt zu teilweise tödlichen Auseinandersetzungen zwischen der UCPMB und der serbischen Polizei gekommen. Auch der UN-Sicherheitsrat hatte am 19. Dezember den Rückzug der Rebellen aus der Pufferzone gefordert, die dort einige Dörfer besetzt halten.

An der Sitzung des Obersten Verteidigungsrats nahm erstmals seit mehr als zwei Jahren auch der Präsident der jugoslawischen Teilrepublik Montenegro, Milo Djukanovic, teil. Djukanovics Teilnahme geschah gewiß nicht aus Sorge um die Sicherheit Jugoslawiens. Montenegrinische Zeitungen hatten zuvor angekündigt, dass Djukanovic die Ablösung der jugoslawischen Armee- und Marinebefehlshaber in Montenegro und die Auflösung des 7. Bataillons der Militärpolizei verlangen werde.

Unbeirrt vom Sturz des Despoten Slobodan Milosevic und den politischen Veränderungen in Serbien hält die Regierung in Montenegro unter Djukanovic an der politischen Trennung von der größeren Teilrepublik Serbien fest. Doch die Volkspartei (NS) ist als Reaktion auf die in der Nacht zum 22.12.2000 vorgestellte Zukunftsvision Podgoricas aus der Regierung ausgeschieden. Ein neues Bündnis mit der Liberalen Allianz (LS) ermöglicht aber das Weiterregieren. In dem Unabhängigkeitskonzept heißt es, die jugoslawische Verfassung von 1992 könne wegen des Machtmissbrauchs Serbiens nicht mehr Grundlage des Miteinanders sein. Es soll eigene Armeen und eine eigene Außenpolitik geben. Volksabstimmungen sollen zuvor Serbien und Montenegro als zwei international anerkannte Länder installieren. Weitere Referenden sollen dann über einen Staatenbund der beiden unabhängigen Länder entscheiden. Die gemeinsamen Bundesorgane sollen paritätisch besetzt sein, obwohl Montenegro nur etwa ein Zehntel der Bevölkerung stellt.

Auch ohne die Volksseelenlehre Rudolf Steiners muß die internationale Welt mittlerweile begriffen haben, dass die slawischen Gemüter in Ex-Jugolawien notorisch nach Sezession streben. Was schon lange von Nöten ist, ist ein klares europäisches Wort zur Völkerrechtslage auf dem Balkan. Die alte jugoslawische Verfassung, die sich im wesentlichen durch die letzten 11 Jahre Krieg hindurchgerettet hat, baut auf die sozialistische Föderalismuslehre mit dem Sezessionsrecht der Teilrepubliken. Als Jugoslawien 1989 aufzubrechen begann, war die kommunistische Völkerrechtslage für den Westen Grundlage bei der Anerkennung der Unabhängigkeit. Seitdem ist der Westen zwischen Völkerrecht und humanitären Prizipien hin und her gerissen, und weiß nicht, was er mit dem Kosovo und Restjugoslawien anstellen soll. Der Balkan kann nicht ethnisch flurbereinigt werden: jeder neue Strich auf der Landkarte ergibt genau die gleichen Minderheitsproportionen. Statt politischer Freiheit auf dem Balkan sollte kulturelle Freiheit geübt werden. Europa sollte Kosovos und Montenegros Bestreben nach Unabhängigkeit eine Absage verpassen. Es sollte dazu auffordern, mit der bisherigen Verfassungspraxis zu brechen und eine zeitgemäße Verfassung neu zu schreiben. Den Herren Politikern, wie Djukanovic, sollte gesagt werden, dass die Uhren in Europa jetzt anders gehen.