Bundesbank und europäische Symbolpolitik

24.01.2001

Die Deutsche Bundesbank hat sich erneut dafür ausgesprochen, dem Euro ein stärkeres politisches Fundament zu geben. In ihrem Januar-Bericht schreibt sie von einem Nachholbedarf für Maßnahmen, die zur Stiftung einer gesamteuropäischen Identität beitragen und damit zugleich dem Euro mehr politischen Rückhalt geben können. Häufig wird die Schwäche des Euro von Marktteilnehmern, aber auch von offiziellen Vertretern des Euro-Raums unter anderem darauf zurückgeführt, daß es in der Öffentlichkeit an einer Wahrnehmung des Euro-Gebiets als eigenständiger politischer Einheit mangelt. Ohne effiziente Organe und ein abgestimmtes Vorgehen in wichtigen Politikbereichen ist es kaum vorstellbar, dem Euro an den Finanzmärkten eine Vertrauensbasis schaffen zu können, die auch in schwierigen Zeiten trägt. Informelle Institutionen wie die Euro-Gruppe der Wirtschafts- und Finanzminister reichen dazu nicht aus.

Allerdings besteht nach Einschätzung der Zentralbank in den währungspolitisch wichtigen Feldern der Wirtschafts-, Sozial- und Finanzpolitik eher geringer Handlungsbedarf. Mit dem Stabilitäts- und Wachstumspakt sind bereits entscheidende Vorkehrungen getroffen, um einer laxen Haushaltspolitik mit negativen Folgen für die Preisstabilität vorzubeugen. Eine gemeinsame Finanzpolitik darüber hinaus ist weder erforderlich noch erwünscht, betont die Bundesbank. Auch in der Lohn- und Strukturpolitik sind weder zentrale Entscheidungen noch eine länderübergreifende Koordinierung notwendig, um die Währungsunion auf Dauer abzusichern.

Wo genau sieht also die Deutsche Bundesbank Handlungsbedarf? Die notwendige Abstimmungsarbeit ist geleistet worden. Es soll aber dafür gesorgt werden, daß nicht nur die Deutsche Bundesbank, sondern auch die Marktteilnehmer es wahrnehmen können. Dazu sollen symbolische Institutionen helfen, die Europa eine politische Identität geben.

Europa braucht für den Euro in der Tat eine Identität, aber keine politische, sondern eine wirtschaftliche, die ohne Symbole auskommt. Dazu müssen die Wirtschaftsteilnehmer ihre Arbeit nur ernst nehmen, statt nach einer Politik zu suchen, die in der Wirtschaft nichts zu suchen hat. Hier hilft kein gemeinsamer Markt und keine gemeinsame Währung. Die nationalen Märkte und Währungen hatten schon längst den Bezug zur wirtschaftlichen Realität verloren. Gemeinsam sind sie nicht besser dran. Effiziente wirtschaftliche Organe können nur von den Menschen ausgehen, die zusammen realwirtschaften wollen und wirklich einander vertrauen, auch wenn es zunächst wenige sind. Diese Organe können ganz gut informell bleiben. Wichtiger ist die Entschlossenheit, alle wirtschaftlichen Probleme ohne Staatshilfe zu lösen. Dies fehlt der deutschen Bundesbank, so formell sie als Institution auch sein mag, wenn sie nach einer europäischen politischen Identität schreit. Die amerikanische Zentralbank ist schon näher dran, wenn ihr Leiter von diesem Jahrhundert meint, daß es dasjenige der nicht-staatlichen Währungen sein wird.