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Bevölkerungswachstum spricht gegen Gentechnik
Zum Weltbevölkerungstag der UNO am Mittwoch haben Experten auf das unerwartet rasche Bevölkerungswachsum in der Welt hingewiesen. Bereits im Jahr 2043 - und nicht erst im Jahr 2052 - werden neun Milliarden Menschen auf der Erde leben, heißt es in einem Bericht der Deutschen Stiftung Weltbevölkerung (DSW). Vor allem in den Entwicklungsländern fällt das Bevölkerungswachstum noch höher aus als bislang erwartet. Den schnellsten Bevölkerungswachstum erwarten die Verfasser des DSW-Berichts "Weltbevölkerung 2001" für Afrika. Im Jahr 2050 werden 1,8 Milliarden Menschen auf dem Kontinent leben, heute sind es 818 Millionen. In Asien wird die Bevölkerungszahl von 3,7 Milliarden auf 5,3 Milliarden steigen, während sie in den Industrieländern weitgehend stagniert.
UNDP im Gentechnikwahn
Was auch die Ursachen des Bevölkerungswachstums sein mögen, viel gefährlicher noch sind die Schlüsse, die seitens der UNO daraus gezogen werden. Sie will nämlich - ganz im Sinne der USA - gentechnologisch manipulierte Lebensmittel gegen die Hungersnot in den ärmsten Ländern der Welt einsetzen. Das UN-Entwicklungsprogramm UNDP verweist heute in seinem Jahresbericht 2001 darauf, daß noch immer wenigstens 800 Millionen Menschen auf der Erde hungern oder unter Mangelernährung leiden. "Die Biotechnologie hat enormes Potenzial, die Versorgungslage in Afrika, Asien und Südamerika zu verbessern", schreibt UNDP und appelliert an die reicheren Länder, ihre Ängste vor biotechnologisch veränderten Nahrungsmitteln zu überwinden.
UNDP-Leiter Mark Malloch Brown schwärmt über die neuen Möglichkeiten. Einige neue Reissorten sollen zum Beispiel 50 Prozent mehr Ertrag, reifen 30 bis 50 Tage früher und einen wesentlich höheren Eiweißgehalt haben. Außerdem seien sie resistenter gegen Dürre und könnten ohne den in armen Ländern meist unerschwinglichen Dünger und Unkrautvernichter gedeihen. Den Gegnern gentechnologisch manipulierter Nahrung in Europa und den USA wirft er vor, "die Sorgen und Bedürfnisse der Entwicklungsländer zu ignorieren".
Die manipulierte Gentechnik
Malloch Brown scheint selber zu ignorieren, daß manche Gegner der Gentechnik - wie etwa der französische Bauernführer José Bové - gerade die Zukunft der Entwicklungsländer im Sinne haben. Wer schnell verwertbare Ergebnisse braucht, wird leicht blind für die Tücken seiner Entdeckungen. Dies war schon der Fall bei der Atomkraft. Und alles deutet darauf hin, daß bei der Gentechnik dieselben Fehler gemacht werden. Die Hungernot ist - wie der Energiemangel - oft ein schlechter Berater.
Zu den Hauptproblemen gehört, daß die Gentechnik von Chemiegroßkonzernen entwickelt wird, deren Interesse darin besteht, wieder mehr Pestiziden abzusetzen. Gentechnisch veränderte Reissorten, die ohne Pestiziden auskommen, werden daher immer nur Alibifunktion haben. Das Gros der Gentechnikforschung wird dagegen gerade den Landwirten in den Industrieländern zugute kommen, die sich Dünger und Pestiziden leisten können und sie wird ihnen helfen, ihre Kollegen aus den Entwicklungsländern durch Tiefstpreise vom Markt wegzufegen. Und das soll das Welthungerproblem lösen?
Wer immer nur auf das Bevölkerungswachstum starrt, vergißt leicht, daß Armut vor allem ein Preisproblem ist. Bauern in den Entwicklungsländern brauchen für ihre Produkte Preise, von denen sie leben können. Sie flüchten sonst in die Großstädte, gerade dort wo das Bevölkerungswachstum am stärksten ist.
Pfusch am Bau
Die Kritik an der Gentechnik ist völlig berechtigt. Es geht nicht darum, die Schöpfung wie manche Christen bewahren zu wollen. Durch diesen konservativen Starsinn hat der Vatikan nach Darwin mehr als ein Jahrhundert gebraucht, um auch nur zu erlauben, daran zu denken, daß es eine Entwicklung der Arten gegeben haben könnte. Es geht auch nicht um Wissenschaftsfeindlichkeit, sondern um die Forderung nach mehr Wissenschaft, um nicht erst durch unumkehrbare Fehler lernen zu müssen. Erst vor kurzem wurde zum Beispiel klar, daß die Anzahl an menschlichen Genen zu gering ist, um alles zu erklären, was man damit erklärt haben wollte. Dies heißt aber, daß vieles - auch die zu erwartenden Nebenwirkungen der Gentechnik - sich erst durch das Zusammenspiel mit anderen Elementen ergeben könnte.
Was die Entwicklungsländer brauchen, ist nicht nur eine Genforschung, die sich um neue Reissorten statt um quadratische Tomaten kümmert. Forschung muß sich erst einmal von wirtschaftlichen Interessen befreien. Sonst könnte es dazu kommen, daß die neuen Genen das Hungerproblem anders lösen als erwünscht. Es macht nämlich keinen Sinn, neue Seuchen und Menschenvernichtungsmittel zu erfinden, um die Weltbevölkerung an die vorhandene Produktion anzupassen.
UNDP von Gentechunternehmen unterwandert
Wer sich wundert, daß ein UNDP-Leiter wie Malloch Brown bereit ist, das Leben der Bauern der Entwicklungsländer so leichtsinnig aufs Spiel zu setzen, braucht sich nur die Vergangenheit der Gentechnikbefürworter bei der UNO näher anzuschauen. Nicht selten haben sie zuerst einmal Karriere bei Gentechnikunternehmen gemacht und bleiben ihren ehemaligen (?) Geldgebern treu. Das läßt sie leicht übersehen, daß der Ökolandbau gerade in den Entwicklungsländern viel sicherer und nachhaltiger zu Ertragssteigerungen führt als die Gentechnik es jemals können wird. Damit können aber Großkonzerne nicht das große Geld machen und ist daher uninteressant.