Rumänien zwischen Föderalismus und Sprachschutz

28.08.2001

Der rumänische Ministerpräsident Adrian Nastase macht sich Sorgen um die nationale Integrität seines Landes. Vor allem in Siebenbürgen, dem Hauptsiedlungsgebiet der rumänischen Ungarn, soll es wachsende föderalistische Strömungen geben. Sie gehen nicht nur von den Ungarn, sondern auch von den dort lebenden Rumänen aus und zwar aus ökonomischen Gründen. Beweis dafür seien mehrere entsprechende Vereine und Gründungsinitiativen für Parteien sowie Signale aus der Minderheiten-Presse. Wie in Italien soll der wirtschaftlich entwickeltere Norden seinen Wohlstand für sich behalten wollen.

Für Nastase sind solche föderalistischen Forderungen der Anfang vom Ende Rumäniens. Föderale Staaten seien nämlich nach dem Ende des Kommunismus als erste zerfallen und Jugoslawien diesbezüglich ein Versuchsfeld für die neue Weltordnung gewesen.

Man braucht wahrlich kein Befürworter des Föderalismus zu sein, um sich um den begrenzten Sachverstand Nastases Sorgen zu machen. Sein Gedankengang ist durchsichtig: Läßt man durch föderale Machtstrukturen in Siebenbürgen erst einmal eine eigene politische Elite entstehen, so kann mit der Zeit ihr Machthunger nur größer werden. Die größtmögliche Macht ist aber diejenige des Staates. Aus den ehemaligen Föderalisten werden daher zwangsläufig Separatisten werden, die aus Siebenbürgen einen eigenständigen Staat machen wollen.

Mit seiner Einschätzung der politischen Elite mag Nastase sogar richtig liegen. Als Ministerpräsident gehört er wohl selber dazu und weiß daher, was sie im Innersten bewegt. Das Problem ist aber nicht der Föderalismus, sondern daß Menschen wie Nastase noch heute zu führenden Politikern werden können. Menschen, die einfach kein Gespür dafür haben, wo die Macht des Staates aufhören soll.

Man braucht nur zu sehen, wie die sozialdemokratische Partei von Nastase die rumänische Sprache unter staatlichem Schutz stellen will. Heute wird über das entsprechende Gesetzentwurf beraten. Demnach sollen öffentliche fremdsprachige Aufschriften auch in rumänischer Übersetzung erscheinen. Alle ausländischen Fernsehsendungen müssen mit rumänischen Untertiteln versehen werden. Das Gesetz soll auch festlegen, daß alle öffentlichen Texte grammatikalisch korrekt sein müssen. Grundlage seien die Normen der Rumänischen Akademie in Bukarest.

Das alles ist nur ein trauriges Beispiel wie sich Politiker in ihrem Machtrausch verhalten. Sie nutzen die Staatsgewalt aus, um eine bestimmte Sprache allgegenwärtig zu machen. Sie reden dann von nationaler Integrität und meinen eigentlich die rechtliche Absicherung ihrer kulturellen Überlegenheit. Eine solche Mehrheitspolitik schadet Rumänien genauso wie das Vorhandensein irgendwelcher Ungarn-Partei in Siebenbürgen. Sie nährt bei den Minderheiten den Wunsch nach einer neuen Grenzziehung, die aus ihnen ebensolche machtvolle Mehrheiten machen würde.

Wann werden Mehrheiten und Minderheiten denn endlich lernen, Kultur und Politik nicht mehr zu verwechseln? Dazu brauchen sie wohl eine neue Kultur und neue Politiker.