Oxfam startet Kampagne für fairen Welthandel

11.04.2002

"Für jeden Dollar, der in die Entwicklungshilfe fließt, werden den armen Ländern zwei Dollar durch unfairen Handel wieder abgenommen; insgesamt 100 Milliarden Dollar jährlich. Die Globalisierung führt Millionen Menschen in die Hoffnungslosigkeit und schafft eine ungerechtere Welt als je zuvor, obwohl sie genau das Gegenteil bewirken könnte. Die Kluft zwischen Arm und Reich hat nie da gewesene Ausmaße erreicht, und die Wut und sozialen Unruhen, die durch derartig obszöne Ungerechtigkeit verursacht wird, bedrohen uns alle," warnte Paul Bendix von Oxfam anlässlich des Starts von Make Trade Fair, einer Kampagne, die OXFAM heute in 21 Ländern der Welt mit dem Ziel beginnt, die Regeln des Welthandels zu reformieren.

Der Start der Kampagne fällt zusammen mit dem Beginn der Arbeit der 144 Länder der Welthandelsorganisation (WTO) an einer neuen Verhandlungsagenda, in der über die künftige Regulierung des Welthandels entschieden wird.

Bei dieser neuen Welthandelsrunde wird von den armen Ländern verlangt, ihre Subventionen in der Landwirtschaft abzubauen, während diese in den reichen Ländern täglich mit etwa 1 Milliarde Dollar subventioniert wird. Dies führt zur Überproduktion, der Weltmarkt wird überschwemmt und die Weltmarktpreise werden auf ein Niveau gedrückt, mit dem arme Bauern unmöglich konkurrieren können.

Ganz oben auf der Liste der Übeltäter auf diesem Gebiet steht die Europäische Union. Das dumping von Milchpulver aus der EU hat in Jamaika die einheimische Milchindustrie so gut wie ruiniert. Die USA haben durch das dumping von subventioniertem Reis in Haiti Ähnliches bewirkt und dadurch Tausende von Reisbauern von ihrem Land verdrängt. In Haitis Reisanbaugebieten ist seitdem die Unterernährung von Kindern dramatisch gestiegen.

Auf der anderen Seite wissen sich die reichen Länder gut vor der Konkurrenz der armen Länder zu schützen. Deren Produkte besteuern sie im Schnitt viermal so hoch wie Produkte aus anderen Industriestaaten. Dabei gehen sie sehr differenziert vor. Sie treiben ganz gezielt Anti-Entwicklungspolitik, indem sie verarbeitete landwirtschaftliche und mineralische Rohstoffe ungleich stärker besteuern als die unverarbeiteten. Damit soll die eigene Nahrungsmittelindustrie geschützt und die armen Länder auf die Rolle von Rohstofflieferanten beschränkt werden.

In der EU und Japan werden bei der Einfuhr von endverarbeiteten Lebensmitteln doppelt so hohe Zölle erhoben wie bei Waren nach der ersten Verarbeitungsstufe. In Kanada sind Zölle auf verarbeitete Lebensmittel bis zu 13mal höher als auf Lebensmittelrohstoffe. In der EU betragen die Zölle zwischen 12 und 100 Prozent und werden auf Zuckerprodukte, Getreide und Obstkonserven erhoben. In den USA sind es 30 Prozent für Orangensaft und 132 Prozent für Erdnussbutter. Auch in Japan wird die eigene Nahrungsmittelindustrie durch Spitzenzölle geschützt.

Ein fairer Welthandel würde allerdings nicht unbedingt alle Probleme der armen Länder lösen. Bezüglich der Korruption stehen ihre Regierungen den anderen in nichts nach. Auch und gerade deswegen fällt es schwer, die Lösung in einer allseitigen Öffnung der Märkte zu sehen. Sie würde vielleicht den armen Ländern, aber nicht der armen Bevölkerung, sondern einer verschwindend kleinen Minderheit zugute kommen. Der erste Schritt müßte daher eher mit einer Entstaatlichung der Zölle und Subventionen gemacht werden. Diese Entpolitisierung würde erst einmal helfen, die Korruption zurückzudrängen. Wenn Politiker keine wirtschaftliche Macht haben, lohnt es sich nicht mehr sie zu bestechen. Die verschiedenen nicht-staatlichen Initiativen zu einem internationalen Welthandel - wie zum Beispiel Transfair - zeigen die Vorzüge eines solchen Weges.