Günther Beckstein will Ausländer umerziehen

20.12.2002

Günther Beckstein, der konservative bayerische Innenminister, will das von der rot-grünen Bundesregierung angestrebte Zuwanderungsgesetz in ein reines Assimilationsgesetz umwandeln. Der die Zuwanderung betreffende Teil des Gesetzes soll gekippt werden und nur der sogenannte Integrationsteil erhalten bleiben.

Den Zuwanderungsteil lehnen die Konservativen ab, weil damit die humanitären Verpflichtungen, die sich aus der Genfer Flüchtlingskonvention ergeben, zum ersten Mal in der deutschen Geschichte berücksichtigt werden würden. Dazu gehört der Schutz von Menschen, die auf Grund nichtstaatlicher und geschlechtsspezifischer Verfolgung Schutz suchen.

Statt sich mit den Realitäten dieser Welt auseinanderzusetzen, träumt Günther Beckstein lieber von einer Umerziehung der hier lebenden Ausländer. Sie sollen Deutsch lernen und Deutsch denken. Daß die Lernbereitschaft mit dem Alter abnimmt, merkt er allerdings an sich selber. Und wer sich fragt, wann Günther Beckstein zum letzten Mal bereit gewesen ist, sich auf etwas Neues einzulassen, braucht nur zu wissen, daß er Familienangehörige von Ausländern nur dann nach Deutschland einreisen lassen will, wenn sie jünger sind als zwölf Jahre. Dies läßt tief in seine Seele blicken.

Von Günther Beckstein stammen solche Sprüche wie: "Wir stoßen an die Grenzen unserer Aufnahmekapazität" oder "Die deutsche Leitkultur muss bei unseren ausländischen Mitbürgern entsprechende Akzeptanz finden". Würde er etwas von der deutschen Kultur verstehen, könnte er eine solche Forderung nicht stellen. Nicht umsonst sieht Friedrich Schiller die Aufgabe dieser Kultur darin, von anderen Kulturen zu ernten. Und daß sie auch vom Islam lernen könnte, hat Wolfgang Goethe mit seinem West-Östlichen Divan bewiesen. Hier merkt man, daß Günther Beckstein gerade bezüglich der deutschen Kultur sehr früh an die Grenzen seiner Aufnahmekapazität gestossen ist.

Um aus jeder Kultur das Beste herauszuholen, bedarf es mehr Menschen, die wirkliche Brücken zwischen diesen Kulturen schlagen können. Dies wird man durch die von Günther Beckstein angestrebten deutschen Sprachkurse und Sprachprüfungen noch vor der Einschulung nicht erreichen. Nicht die ausländischen Schüler müssen an die deutschen Schulen angepaßt werden, sondern die Schulen an die Erfordernisse einer kulturellen Vielfalt.

Hier setzt nicht zufällig eine Berliner Waldorfschule Zeichen. Dort startet bald ein Pilotprojekt, wo türkische Kinder zunächst einmal in ihrer Muttersprache und erst in späteren Klassenstufen zunehmend in deutscher Sprache unterrichtet werden sollen. Angestrebt wird eine kulturelle Parität. Der Übergang kann stufenlos erfolgen, da Fremdsprachen, in diesem Fall würde auch Deutsch dazu gehören, an Waldorfschulen vom ersten Schuljahr an sehr intensiv gelernt werden. Gemeldet haben sich schon über 100 türkische Eltern. Gesucht wird nur noch der Lehrer, der die notwendige interkulturelle Kompetenz mitbringt.