Wer nicht für uns ist, ist gegen uns

28.12.2002

"Wer nicht für uns ist, ist gegen uns". Mit diesen Worten hatte George Bush nach den Anschlägen am 11. September 2001 klar gemacht, daß er jede Kritik an der US-Regierung mit Terrorismus gleichsetzt. Nur wenige waren dann noch bereit, sich zu einer Weltanschauung zu bekennen, die anders als seine, mehr kennt als nur Gut und Böse.

Jens Heisterkamp, der Redakteur von info3, einer weitverbreiteten anthroposophischen Zeitschrift, machte da leider keine Ausnahme. Mir war schon lange klar, daß Jens Heisterkamp mit seinem Hang zu einer seichten Spiritualität für einen ernsthaften Einsatz für die soziale Dreigliederung nicht in Frage kam. Ich hatte es daher nicht persönlich genommen, daß er alle Artikel, die wir ihm für seine Zeitschrift info3 kostenlos zur Verfügung stellten, ohne Kommentar ignorierte. Betroffen bin ich aber gewesen, als Jens Heisterkamp sich zum ersten Mal überhaupt meldete, um folgenden selbstkritischen Artikel unseres Kollegen Rasmus Bjerregaard zum 11. September mit der Begründung abzulehnen, wir würden mit unserer Dreigliederung zum Terrorismus einladen. So eine Naivität an einer solch entscheidenden Stelle hatte ich doch nicht erwartet.

Jens Heisterkamp und seine Kollegen sind aber eine - wenn auch traurige - Ausnahme unter den Anthroposophen. Die meisten Anthroposophen haben sich nicht durch die US-Regierung vereinnahmen lassen. So zum Beispiel Nicanor Perlas, der sich durch nichts davon abhalten ließ, der amerikanischen Weltpolitik die Leviten zu lesen. Besonders interessant war aber auch der Ansatz eines amerikanischen Soziologen, Paul Ray, der den kulturellen Kreativen der Zivilgesellschaft zwei andere Menschengruppen entgegenstellte: die Modernisten und die Fundamentalisten. Bei den Fundamentalisten hält er allerdings ihren direkten Einfluß für weniger entscheidend, als die indirekte Auswirkung ihres Handelns. Sie verhelfen nämlich - wider ihrem Willen - den Modernisten zu ihrem Sieg gegen die Kreativität der Zivilgesellschaft.

Nach der Entmachtung der afghanischen Taliban schien die Zeit gekommen, sich auch auf höheren Regierungsebenen von George Bush zu distanzieren. Dieser hatte sich aber längst vorgenommen, als nächstes Land den Irak anzugreifen. Da ihm dabei ein Mandat des UN-Sicherheitsrats besonders gelegen ist, gab George Bush am 17.12.2002 durch seinen Berater Richard Perle der deutschen Regierung zu verstehen, daß ein Nein Deutschlands bei der entsprechenden Abstimmung nur als "De-facto-Unterstützung von Saddam Hussein" verstanden werden kann. Das heißt: Deutschland würde dadurch zur Achse des Bösen gerechnet und für vogelfrei erklärt werden. Die Reaktion kam schnell: Joshka Fischer, der deutsche Außenminister, erklärte heute, daß Deutschland unter Umständen im UN-Sicherheitsrat mit Ja zum Irak-Krieg stimmen würde, ohne sich aber daran beteiligen zu wollen.

Nun gilt also wieder: "Wer nicht für uns ist, ist gegen uns". Im Falle des Iraks greifen aber die USA nicht nur ein Regime, den sie - wie die afghanische Taliban - selber hochgezogen haben. Es ist vielmehr bewiesen, daß die US-Regierung im vorherigen Krieg gegen Irak Medien und Öffentlichkeit wiederholt manipuliert hat. Sie hat dadurch in diesem Thema jede Glaubwürdigkeit verloren. Wenn amnesty international die Konsequenzen daraus zieht und meint, die Kritik an der Menschenrechtssituation im Irak nicht mehr in den Vordergrund stellen zu können, dann wird klar, wer der größte Unterstützer von Saddam Hussein ist, nämlich George Bush.