Hermann Scheer ist gestorben

15.10.2010

Am 28. Oktober 2010 verstarb völlig unerwartet der SPD Bundestagsabgeordneten und Träger des Alternativen Nobelpreises Hermann Scheer.

Sein Tod löste in der Zivilgesellschaft große Bestürzung und Trauer hervor. Besaß er doch die bei Politikern nur noch selten anzutreffende Charaktereigenschaft der Geradlinigkeit und Integrität. Hermann Scheer war bekannt für seine unbeugsame Haltung und die damit einhergehende klare Sprache. Deutlich kennzeichnete er z.B. den Wechsel von Politikern nach Amtsende auf wohl dotierte Posten, der von ihnen vorher protegierten Wirtschaftszweige, als Korruption. Von solchen Personen wie etwa Tacke, Clement oder Schröder sollten sich die Parteien radikal distanzieren.

Hermann Scheer geißelte den Einsatz der Nato im Kosovo als Kriegsverbrechen, forderte eine Redemokratisierung seiner Partei und beteiligte sich zuletzt noch am Widerstand gegen Stuttgart 21. Hermann Scheer war die maßgebende Persönlichkeit für den Erfolg der Erneuerbaren Energien. Mit dem von ihm gestalteten Erneuerbaren-Energien-Gesetz, welches mittlerweile von nahezu fünfzig Staaten kopiert wurde, leitete er die Energiewende ein, und warb und arbeitete seit Jahrzehnten weltweit für einen zügigen Ausbau der Energieversorgung durch Erneuerbare Energie. Dies brachte ihm neben internationaler Anerkennung, Ehrungen und vielen Preisen die Bezeichnungen „Sonnengott" oder "Energiepapst" ein. Diese im Grunde von seinen Gegnern zur Herabsetzung seiner Person angedachten „Titel“ machten jedoch Scheers Bedeutung für die Energiewende erst richtig deutlich.

Kernpunkt seiner Ideen war die realistische und schnelle Möglichkeit einer 100 % igen Energie-Vollversorgung durch die Erneuerbaren Energien. Diese wäre dann eine dezentralisierte, mit einer breiten Eigentümerstreuung verbundene Versorgung, welche zwangsläufig das Ende der Energie-Großkonzerne als Brennstofflieferanten und der damit verbundenen politischen Macht mit sich führen würde.

Mit diesem überzeugenden und vielfach fundiert belegten Vorhaben rief Scheer natürlich die erbitterte Gegnerschaft der Konzerne, des Großkapitals und der mit ihnen verbandelten Hofschranzen und Medien hervor. Die kürzliche Medienkampagne[1] und das durch die Großkonzerne voran getriebene Wüsten-Projekt Desertec, dem die Politik heuchlerisch ein positives Mäntelchen umhängt, gehören zu diesen Abwehrmaßnahmen.

Diesem Einfluss dürfte es auch letztlich zu verdanken sein, dass Andrea Ypsilanti in Hessen nicht Ministerpräsidentin wurde. Hermann Scheer war in ihrem Kabinett als Wirtschaftsminister vorgesehen und hatte weitreichende Pläne für den Umbau der Energieversorgung. Das Atomkraftwerk Biblis möglichst sofort abzuschalten war nur einer davon.[2]

Sehr lesenswerte Nachrufe zum Tode Hermann Scheers finden sich in „Junge Welt“,[3] „Taz“[4] und „der Freitag“[5].

Auf keinen Fall sollte man sich seinen Verriss von Peer Steinbrücks Buch „Unterm Strich“ mit dem schönen Titel „Der Hochtrabende“ entgehen lassen.[6] Hier fokussieren sich Scheers Klugheit, seine Geradlinigkeit und sein Humor in einem Artikel.

Tieferer Grund für das aufrechte Engagement Hermann Scheers war der Kampf für eine humane Zukunft aus der klar analysierten Sorge vor einer neuen Barbarei, die er als Folge der totalen Ökonomisierung des menschlichen Lebens durch die ungerechtfertigte Macht des Kapitals unvermeidbar kommen sah, sollte nicht eine entscheidende Wende vor allem in der Verteilungsgerechtigkeit vollzogen werden. Hierzu äußerte er sich unmissverständlich in dem Film „Lets make money“.[7]

Anmerkungen

  • [1] http://www.tagesspiegel.de/wirtschaft/von-ackermann-bis-schily/1907138.html
  • [2] http://www.youtube.com/watch?v=ykpDvomxFuc
  • [3] http://www.jungewelt.de/2010/10-16/034.php
  • [4] http://www.taz.de/1/leben/koepfe/artikel/1/hermann-scheer-ist-tot/
  • [5] http://www.freitag.de/politik/1041-der-gruene-rote
  • [6] http://www.freitag.de/kultur/1038-der-hochtrabende
  • [7] http://www.youtube.com/watch?v=YgQJk-imaAI