Ökobank wollte zu schnell Milliardenbank werden

02.07.2001

Mit der Frankfurter Ökobank ist eins der größten Finanzprojekte der Alternativbewegung an Mißmanagement gescheitert. Nach dem Finanzdebakel durch geplatzte Kredite in Millionenhöhe ist das Geschäft an eine Bankaktiengesellschaft übertragen worden. Diese Entscheidung der Vertreterversammlung am 30.06.2001 wurde heute vom Vorstand mitgeteilt.

Gleichzeitig soll die Suche nach einem Partner, der sich ebenfalls ethischen und ökologischen Zielen verpflichtet fühlt, fortgesetzt werden. Gespräche gibt es mit drei Interessenten. Dazu gehören mit der GLS Gemeinschaftsbank und der niederländischen Triodos-Bank zwei anthroposophische Finanzeinrichtungen. Die GLS hatte sich nach einer anfänglichen Zusage zurückgezogen, aus Angst sich zu übernehmen und selber in Schwierigkeiten zu geraten.

Eine Sanierung aus eigener Kraft sei nicht mehr möglich gewesen, begründete Vorstand Wolfram Herath die Entscheidung. Mit der Übertragung entgeht die Ökobank dem drohenden Lizenzentzug durch das Bundesaufsichtsamt für das Kreditwesen. Die Weiterführung des Geschäfts durch die Bankaktiengesellschaft soll nur eine Zwischenlösung bis zum Verkauf sein. "Für die derzeit 33 000 Kunden ändert sich praktisch nichts." Alle Konten, Kredite und Einlagen sowie die Filialen werden zunächst weitergeführt. Formal wird die Genossenschaft mit 24 000 Mitgliedern als "Ökobank eG" weitergeführt. Durch die Verluste haben ihre eingebrachten Anteile allerdings 35 Prozent an Wert verloren.

Als Grund für das Fiasko der 1988 gegründeten grünen Bank nannte der im Herbst 2000 als Sanierer in den Vorstand gewechselte Herath Mißmanagement. "Die Ökobank wollte zu schnell eine Milliardenbank werden." Risiken sind dabei unterschätzt worden. Organisationsstrukturen und Erfahrung haben gefehlt, um das seit 1996 schnell gewachsene Geschäft managen zu können. Die Ökobank mit einer Bilanzsumme von 187,6 Mio Euro im Jahr 2000 sei nicht an ihrer ethisch-ökologischen Philosophie, sondern an der unprofessionellen Umsetzung gescheitert.

Daß Herath mit seiner Einschätzung richtig liegt, sieht man daran, daß es der GLS Gemeinschaftsbank und der Triodos-Bank unverändert gut geht, obwohl sie in ethischen und ökologischen Fragen immer genauso anspruchsvoll wie die Ökobank gewesen sind. Dabei versteht sich die Triodos-Bank - anders als die Ökobank - nicht als Hausbank der ökologischen Bewegung. Kredite werden daher erst einmal nach wirtschaftlichen Kriterien geprüft und nicht allein nach der politischen Farbe. Nicht destotrotz wächst die Triodos-Bank kräftig und ist nahe dran, eine Milliardenbank zu werden. Bei der GLS Gemeinschaftsbank kann man auch von einem sicheren Wachstum ausgehen. Der Anteil an Kredite für anthroposophische Einrichtungen ist zwar viel stärker als bei der Triodos-Bank, so daß man da noch heute von einer Hausbank der anthroposophischen Bewegung sprechen kann. Es gibt aber auch dort eine gründliche Wirtschaftlichkeitsprüfung der Kredite, entweder durch die Bank oder durch Bürgschaftsgemeinschaften.

Die Frage nach dem Zusammenwirken von Ethik und Wirtschaft ist also durch das Scheitern der Ökobank nicht beantwortet worden. Nicht nur weil Ökofonds und ethische Geldanlagen zur Zeit weltweit boomen, sondern weil die Frage falsch gestellt worden ist.

Ethik bringen die Konsumenten in die Wirtschaft herein, indem sie Produkte nachfragen oder nicht. Solange Fleisch nachgefragt wird, muß es produziert werden, auch wenn Vegetarier es für unethisch halten. Der gegenwärtige ethisch-ökologische Aufschwung geht entsprechend von den Konsumenten und nicht von den Banken aus. Investieren kann man nämlich nicht ins Leere.

Die eigentliche Bankenfrage ist die Zinsfrage. Und hier hat eigentlich das Wirtschaftliche erst einmal über das Moralische zu siegen. Was manche Christen - oft die überzeugtesten und glaubwürdigsten - für eine Sünde halten, ist eigentlich völlig berechtigt. Zinsen sind kein Diebstahl oder Erpressung, sondern eine Entschädigung für den Verzicht auf Gegenseitigkeit beim Leihen. Wenn ich einmal selber Geld brauchen sollte, kann ich nicht zu meinen ehemaligen Schuldnern gehen und mir von ihnen Geld borgen. Die Hilfe ist nicht gegenseitig, sondern einseitig. Dies wird durch den Zins ausgeglichen. Die GLS Gemeinschaftsbank hat es zwar schwer gehabt, sich mit diesem Gedanken anzufreunden. Das Problem hat sie aber für sich so gelöst, daß sie die Zinsentscheidung den einzelnen Gläubigern überläßt. Das weckt aber in manchem Ethiker schnell die Wucherseele wieder auf, so daß ein drittes Element sich mäßigend zwischen Geldgier und Moralpredigt setzen muß. Die Wirtschaft begründet den Zins, die Moral verteufelt ihn. Der demokratische Staat wird ihn in Schranken halten müssen.


Weiterführende Informationen:
Informationsportal über die Ökobank
Nachtrag vom 23.11.2001 zu dieser News