Sektenverfolgung als olympische Sportart

17.07.2001

Was die westlichen Wahlkampfforscher mit Zahlen belegen können, ist den chinesischen Kommunisten wohl bekannt: Siegt die nationale Fußballmannschaft, so hat die regierende Partei bessere Aussichten auf Wiederwahl. Der Mensch ist zwar unberechenbar, aber das Tier im Menschen läßt sich schon besser statistisch erfassen. Nun gibt es bekanntlich in China weder demokratische Wahlen noch eine ernst zu nehmende Fußballmannschaft. In anderen Sportarten könnten Doping und Heimvorteil aber schon Wunder wirken. Peking setzt sich daher seit Jahren massiv dafür ein, die olympischen Sommerspiele zu bekommen. Und nach vielen glücklosen Anläufen ist es nun auch gelungen.

Im Vorfeld hatten sich viele Menschenrechtsorganisationen dagegen ausgesprochen mit Hinweis auf die miserable Menschenrechtssituation im Land. Schaut man auf die Ursprünge der olympischen Spiele in Griechenland, ist ein solcher Einwand zunächst nicht einleuchtend. Sparta ging mit den Menschenrechten nicht besonders zimperlich um, durfte aber mitspielen. Im Unterschied zu den heutigen Spielen fanden aber die olympischen Spiele immer am selben Ort, sozusagen auf neutralem Boden. Als Wanderspiele sollen sie Interesse für die verschiedenen Kulturen wecken, laufen aber dabei immer die Gefahr, von den Gastländern instrumentalisiert zu werden.

Gerade dies zeichnet sich nun bei China ab. Beim Besuch einer "Anti-Sekten"-Ausstellung in Peking kündigte der stellvertretende Ministerpräsident Li Lanqing eine noch härtere Gangart gegen die Falungong-Bewegung an. Sie sei eine "Sekte", die sozialen Zwist schüre und zerschlagen werden müßte. Die Vergabe der Olympischen Spiele an China zeige, daß die internationale Gemeinschaft diese Politik unterstütze. Die Welt sei an der "sozialen Stabilität Chinas und seinem wirtschaftlichen Fortschritt" interessiert, unterstrich Li. Außer vielleicht Frankreich wird allerdings in Europa kaum ein Land diese Art Sektenverfolgung nacheifern wollen, so daß China in dieser Kategorie gute Chancen hat, sich die Goldmedaille zu holen.