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Reinkarnation durch die verschiedenen Rassen
Quelle: GA 054, S. 132-154, 2. Ausgabe 1983, 09.11.1905, Berlin
Oftmals ist es gesagt worden, daß des Menschen bestes und wichtigstes Studium der Mensch selbst sei, und daß auch des Menschen größtes Rätsel der Mensch selbst sei. Angesichts gewisser Tatsachen muß betont werden, daß dieses Rätsel dem Menschen wiederum in den mannigfaltigsten Gestalten entgegentritt. Wie vervielfältigt erscheint uns das Menschenrätsel und es blickt uns von allen Seiten an. Eine solche Vervielfältigung des Menschenrätsels sind zweifellos die mannigfaltigen Gestaltungen des Menschen, die wir die Rassen der Menschen nennen. Die Naturwissenschaft und die Geisteswissenschaft haben sich nun immer bemüht, Licht in diese Mannigfaltigkeit des menschlichen Daseins, in diese verschiedenen Formen des Menschen hineinzubringen. Eine Fülle von Fragen geht uns dabei auf. Wir tragen in uns das Bewußtsein, daß in allen Menschen eine einheitliche Natur und Wesenheit liegt. Wie verhält sich nun aber diese einheitliche Natur und Wesenheit zu den mannigfaltigsten Gestaltungen und Physiognomien, die uns in den Rassen entgegentreten? Insbesondere tritt uns diese Frage nahe, wenn wir sehen, wie verschieden veranlagt, wie verschieden begabt die einzelnen Menschenrassen sind. Auf den Stufen dessen, was wir die höchste Kultur nennen, steht die eine, auf der primitivsten, untergeordneten Kulturstufe, scheinbar für unsere Betrachtung, die andere. Das alles läßt es uns merkwürdig erscheinen, daß der Mensch, der doch eine einheitliche Natur hat, in so verschiedener und auch unvollkommener Gestalt erscheinen kann. Man empfindet es oft als eine Ungerechtigkeit der Natur, daß sie den einen zu einem Dasein in einer tief untenstehenden Menschenrasse verurteilt und den andern zu einer scheinbar vollkommenen Rasse heraufhebt.
Licht in dieses Dunkel hineinzubringen, ein wenig dieses Rätsel aufzuhellen, scheint die geisteswissenschaftliche Weltanschauung mehr als irgendeine andere geeignet zu sein. Denn diese geisteswissenschaftliche Weltanschauung spricht nicht in demselben Sinne von dem einheitlichen Menschen wie die andern Weltanschauungen. Sie hat von ihm einen von dem der Philosophen, Religionen und so weiter verschiedenen Begriff, sie spricht von einem Immer-Wiederkehren der Menschenseele. Sie sagt uns, daß die Seele, die in dem heutigen menschlichen Individuum lebt, bereits oft auf dieser Erde war und noch oftmals wiederkehren wird. Und wenn wir die Sache noch näher betrachten, dann sehen wir, daß die Seelen der Menschen durch die verschiedenen Rassen hindurchschreiten. So kommt uns schon Sinn und Vernunft in die Mannigfaltigkeit der Rassen. So sehen wir, wie nicht der eine verurteilt ist, bloß in einer primitiven Rasse zu leben und der andere auf den hochentwickelten Stufen des Rassendaseins zu sein. Ein jeder von uns geht durch die verschiedensten Stufen der Rassen hindurch und der Durchgang bedeutet für die einzelne Seele gerade eine Fortentwickelung. Derjenige, der heute als Angehöriger der europäischen Menschenrasse erscheint, hat in früherer Zeit andere Menschenrassen durchlaufen und wird in späterer Zeit andere durchlaufen als unsere. Es erscheinen uns die Rassen wie Lehrstufen, und es kommen Zusammenhang und Zweck in diese Mannigfaltigkeit hinein. [...]
Schritt für Schritt tritt der Mensch den Eroberungszug durch seine eigene Wesenheit an. Die lemurische Menschheit bedeutete die Eroberung des Astralleibes, die atlantische Menschheit bedeutete die Eroberung des Lebensleibes, und unsere gegenwärtige Menschheit bedeutet die Eroberung des physischen Leibes. Darauf folgt die Eroberung der geistig-seelischen Kräfte, welche die Aufgabe unserer Zeit ist. So kommt also ein noch höherer Sinn in die Rassenentwickelung hinein und so begreifen wir, daß die Rassenentwickelung eine Schulung des sich entwickelnden Menschengeistes ist. Wir blicken zurück in Gebiete, wo der Mensch ganz anders gegliedert ist. Unsere Seelen verkörperten sich in der damaligen Zeit und lernten die äußere Welt in den Erscheinungen kennen. Später kamen sie wieder auf die Erde in einer andern Rasse und lernten so auf eine andere Art in die Welt hineinschauen. Und so geht es weiter. Rasse für Rasse macht der Mensch durch. Diejenigen, welche junge Seelen sind, verkörpern sich in denjenigen Rassen, die auf ihrer früheren Rassenstufe zurückgeblieben sind.
So gliedert sich das, was als Rasse und Seelen um uns herum lebt, in organischer und seelischer Weise ineinander ein. Alles bekommt Sinn, wird durchsichtig, wird erklärlich. Wir rücken immer mehr und mehr der Lösung dieser Rätsel nahe und wir können begreifen, daß wir in der Zukunft durch andere Epochen durchzugehen haben, daß wir andere Wege zugehen haben, als die Rasse sie machte. Wir müssen uns klar darüber sein, daß Seelen- und Rassenentwickelung unterschiedlich sind. Innerhalb der atlantischen Rasse haben unsere eigenen Seelen gewohnt, welche sich dann heraufentwickelt haben zu einer höherstehenden Menschenrasse. Das gibt uns ein Bild der Entwickelung des Menschen bis zu unserer Zeit. So begreifen wir auch den Grundsatz, den Kern einer allgemeinen Brüderschaft zu begründen ohne Rücksicht auf Rasse, Farbe, Stand und so weiter. Diesen Gedanken werde ich noch besonders ausführen. Ich wollte heute nur zeigen, wie in den verschiedenen Gestalten doch die gleiche Wesenheit ist, und zwar in viel richtigerem Sinne als die Naturwissenschaft es lehrt. Unsere Seele schreitet von Stufe zu Stufe, das heißt von Rasse zu Rasse, und wir lernen die Bedeutung der Menschheit kennen, wenn wir diese Rassen betrachten. Das eine lernen wir immer mehr verstehen, nämlich, wie tief und wahr der Ausspruch ist: «Einem gelang es, er hob den Schleier der Göttin zu Sais. - Aber was sah er? Er sah - Wunder des Wunders - sich selbst!» Uns selbst sehen wir überall und in den mannigfaltigsten Gestalten. -- Das ist Selbsterkenntnis! Es bewahrheitet sich auch hier der große Spruch am Tempel der Weisheitsschule der Griechenheit: O Mensch, erkenne dich selbst!