Nachtodliche Nachwirkung der Bedürfnisbefriedigung

Quelle: GA 193, S. 075, 3. Ausgabe 1977, 09.03.1919, Zürich

Im wirtschaftlichen Leben arbeitet der eine Mensch für den anderen. Der eine Mensch arbeitet in der Regel für den anderen, weil er ebenso wie der andere seine Vorteile dabei findet. Das wirtschaftliche Leben geht aus den Bedürfnissen hervor und besteht in der Befriedigung der Bedürfnisse, in dem Herausarbeiten alles dessen auf dem physischen Plane, was die dumpfen Naturbedürfnisse des Menschen befriedigen kann oder auch wohl die feineren, aber doch mehr instinktiven Seelenbedürfnisse. Da entwickelt sich innerhalb dieses wirtschaftlichen Lebens unbewußt dasjenige, was nun wiederum hinauswirkt bis jenseits des Todes. Dasjenige, was die Menschen aus den egoistischen Bedürfnissen des Wirtschaftslebens für einander arbeiten, entwickelt in seinen Untergründen die Keime für gewisse Sympathien, die sich im nachtodlichen Leben in unserer Seele ausbilden müssen. So wie das geistige Kulturleben eine Art Heilmittel ist gegen den Rest der Antipathien, die wir mitbringen aus unserem vorgeburtlichen Leben in dieses nachgeburtliche, so ist dasjenige, was in den Untergründen des Wirtschaftslebens spielt, von Keimen durchsetzt für die Sympathien, die sich nach dem Tode entwickeln sollen. Das ist wiederum ein anderer Gesichtspunkt für die Art, wie wir aus der übersinnlichen Welt heraus die notwendige Dreigliederung des sozialen Organismus erkennen können. Solch einen Gesichtspunkt kann allerdings derjenige nicht erringen, der sich nicht bestrebt, die geisteswissenschaftlichen Grundlagen der Welterkenntnis sich anzueignen. Aber für denjenigen, der sich diese geisteswissenschaftliche Grundlage aneignet, wird immer mehr und mehr zur Selbstverständlichkeit die Forderung, daß der gesunde soziale Organismus in diese drei Glieder geteilt sein muß, weil diese drei Glieder in untereinander ganz verschiedener Art ihre Beziehungen zur übersinnlichen Wirklichkeit haben, die, wie gesagt, erst mit der sinnlichen zusammen die wahre Wirklichkeit ausmacht.