Betriebsräte als Sozialisierung statt Individualisierung der Betriebe

Quelle: GA 331, S. 031-032, 1. Ausgabe 1989, 08.05.1919, Stuttgart

Denn wer heute noch die Sozialisierung so auffaßt, daß man nur die einzelnen Betriebe sozialisieren will, der würde sehr bald sehen, auf welch kuriosem Standpunkt wir durch die Sozialisierung lediglich einzelner Betriebe in fünf Jahren stehen würden. Würden wir bloß die einzelnen Betriebe sozialisieren, so kämen wir zum wüstesten Individualismus der einzelnen Betriebe, und die Unzufriedensten müßten die Arbeiter sein. Es würde eine solche Ungleichheit unter den Arbeitern in bezug auf das Einkommen eintreten, daß es unerträglich wäre. Sozialisieren kann man nämlich nur, wenn man den ganzen Wirtschaftskörper, von einer gewissen Größe an, als solchen sozialisiert.

Also, es handelt sich erstens darum, daß vor allen Dingen sich über ein gewisses Gebiet Betriebsräte für gewisse gleichartige Betriebe konstituieren. Von den Betriebsräten geht ein sehr wichtiger Akt der Gesamtsozialisierung aus, so daß nicht nur ein Band geschaffen wird zwischen den Betriebsräten gleichartiger Betriebe, sondern über alle Betriebe hinüber. Dann kann eine wirkliche Sozialisierung des Wirtschaftslebens allmählich eintreten.