Proudhon als utopistischer Sozialist

Quelle: GA 296, S. 054, 4. Ausgabe 1991, 11.08.1919, Dornach

Ich möchte, wie ich Ihnen schon mitgeteilt habe, über drei Begriffe kurz sprechen. Über drei Begriffe, welche, vollständig verstanden, zugleich bewirken das Verständnis des äußeren sozialen Lebens. Ich sage ausdrücklich: des äußeren sozialen Lebens, denn die drei Begriffe sind durchaus dem äußerlichen Zusammenwirken und Zusammenarbeiten der Menschen entnommen. Es sind die drei Begriffe Ware, Arbeit, Kapital. Nun habe ich Ihnen bereits gesagt, daß sich die neuere Nationalökonomie aller Schattierungen vergeblich bemüht, über diese Begriffe in vollständige Klarheit zu kommen. Das war nicht möglich, seit die Menschen begonnen haben, bewußt volkswirtschaftlich zu denken. Vor dem Beginn des fünften nachatlantischen Zeitraumes, also vor dem Zeitpunkt, der da fällt in die Mitte des 15. Jahrhunderts, kann überhaupt nicht die Rede davon sein, daß die Menschen ihre gegenseitigen sozialen Beziehungen in bewußter Weise aufgefaßt haben. Das Leben verlief mehr oder weniger unbewußt, instinktiv mit Bezug auf dasjenige, was sozial von Mensch zu Mensch spielte. Seit dieser Zeit aber mußten die Menschen, weil ja die Bewußtseinsseele in diesem Zeitalter sich ausbildet, immer mehr und mehr bewußt nachdenken über die sozialen Beziehungen. Und so haben sich denn alle möglichen Richtungen und Anschauungen herausgebildet über das soziale menschliche Zusammenleben. Es beginnt das mit der Schule der Merkantilisten, dann mit der Schule der Physiokraten, mit Adam Smith, mit den verschiedenen utopistischen Strömungen, Proudhon, Fourier und so weiter, bis zu der neueren Sozialdemokratie auf der einen Seite, und zu der neueren Schulnationalökonomie auf der anderen Seite.