Europa will Wirtschaftsmacht werden

28.03.2001

Die Europäische Union will bis zum Jahr 2010 die wirtschaftliche Führung in der Welt übernehmen. Bei gleichzeitig angestrebter Vollbeschäftigung sollen die sozialen Errungenschaften gesichert werden. Diese ehrgeizigen Zielen hatten die EU-Staats- und Regierungschefs bei ihrem Beschäftigungs- und Sozialgipfel vor einem Jahr in Lissabon formuliert. Bundeskanzler Gerhard Schröder bezeichnete beim EU-Gipfel Europa als "Wachstumslokomotive". "Die europäische Wirtschaft ist auf robustem Wachstumspfad", sagte er.

Mit einem ganzen Bündel unterschiedlicher Strategien soll die "wirtschaftliche und soziale Erneuerung Europas" vorangetrieben und die USA als Hauptkonkurrent überflügelt werden. Dazu gehören die rasche Schaffung gemeinsamer Finanzmärkte, die Liberalisierung der Energie- oder Telekommunikationsmärkte ebenso, wie der umfassende Einstieg in die Informationsgesellschaft. Die Schlüsselworte dabei sind Internet und elektronischer Handel. Gleichzeitig soll ein europäischer Forschungsraum entstehen, in dem Wissenschaftler besser als bislang grenzüberschreitend arbeiten können. Geplant ist dazu auch ein EU-Gemeinschaftspatent. Zur Schaffung qualifizierterer Arbeitsplätze soll das lebenslange Lernen gefördert werden. Vorrangig wird dabei an die Informationstechnologien gedacht.

Schröder will mit tatkräftigem politischen Engagement von Europa aus die weltweite Konjunktur aufziehen. Er muß sich aber nicht wundern, wenn er sich im Ausland nur Spott und Undank einhandelt. Es kann dem Ausland nun wirklich nicht gefallen, wenn Europa mit den Wirtschaftsmuskeln herumposiert. Globalisierungsgegner und Depentalisten können zu Recht eine schiefe, globale Wirtschaftsentwicklung zu Lasten der Entwicklungsländer anprangern. Die Ausbeutung durch die reichen Länder ist offenkundig, wenn versucht wird, Wissen und Technologie zu Wirtschaftsmonopolen der Wirtschaftsmächte zu machen. Die geplanten deutschen Raubzüge auf geistiges Kapital der Entwicklungsländer durch die Greencard-Ordnung ist bloß noch ein krasses Beispiel für die unassoziative Verzerrung zwischen Kapital hier und Rohstofflieferant dort.

Wenn jegliche Wertschöpfung der Entwicklungsländer durch westliche Wucherzinsen und Monopolisierung abgeschöpft wird, dürfen wir und Herr Schröder nicht globale Solidarität vorheucheln.