Transparency International setzt sich gegen Korruption ein

14.08.2001

Mit einer Briefkampagne will die Anti-Korruptionsorganisation Transparency International auf die Verflechtung der Parteien mit öffentlichen Institutionen in Deutschland aufmerksam machen. Im jüngsten Korruptionsindex der Organisation ist Deutschland hinter Chile auf Rang 20 abgerutscht. Korruption ist längst zu einem "Kontrolldelikt" geworden. Das heißt: Es findet sich überall etwas, wenn man nur richtig sucht.

Transparency International tritt weltweit für mehr Transparenz in Wirtschaft und Politik ein. Sie setzt sich für Reformen zur besseren Prävention und Bekämpfung von Korruption ein.

Bei öffentlichen Bauten zum Beispiel fließen in Deutschland nach Einschätzung des Frankfurter Oberstaatsanwalts Wolfgang Schaupensteinerjährlich bis zu zehn Milliarden Mark Schmiergelder. Die Preise sind bis zu 30 Prozent überhöht. Dies geht nicht nur auf Kosten der Steuerzahler: "Wo geschmiert wird, können seriöse Unternehmen nicht überleben".

Transparency International fragt nun in einem Fragebogen an Politiker nach dem Umgang mit öffentlichen Aufträgen und nach der Besetzung von Spitzenpositionen. "Generell ist in Deutschland bei der Vergabe von Führungspositionen in öffentlichen Unternehmen das Parteibuch oft wichtiger als die fachliche Qualifikation", erklärt die Organisation. "Halten Sie es für vertretbar, daß ein prominenter und einflußreicher Politiker zugleich eine führende Position in einem öffentlichen Unternehmen bekleidet?", heißt daher eine Frage.

Die Frage zielt auf Klaus Landowsky, der zugleich Vorstandchef der Immobilientochter der landeseigenen Berliner Bankgesellschaft und Berliner CDU- Fraktionschef war. Ein Finanzskandal kostete ihm kürzlich beide Ämter. Aus Sicht von Transparency International deckt der Skandal "ein fragwürdiges Geflecht zwischen den politischen Strukturen der Stadt und den Führungsetagen der Bankgesellschaft".

Man kann darauf gespannt sein, wie die Politiker auf die Fragen von Transparency International antworten und ob sie die vorgesehenen regelmäßigen Nachprüfungen auch bestehen. Öffentliche Unternehmen laden nicht nur zur Korruption ein. Sie sind selber Teil der Korruption. Solche Mischeinrichtungen - halb Politik - halb Wirtschaft - wurden geschaffen, weil keiner wußte, wie Privatwirtschaft mit Gemeinnützigkeit reimen könnte. Die Wirtschaft wird aber dadurch nicht gebessert. Und wo die Politik noch mit Gemeinwohl zu tun hatte, verkommt sie zur Quelle des eigenen privaten Reichtums. Unter solchen Umständen kann man auch der integresten Partei nicht wünschen, die politische Macht zu ergreifen und noch weniger sie zu behalten. Je länger an der Regierung, je größer die Korruptionsgefahr.

Was soll man von einem politischen System halten, wo man prinzipiell jeder Partei wünschen muß, möglichst schnell abgewählt zu werden? Parteiprogramme verlieren dadurch jede Bedeutung. Helfen kann nur das Bestreben, entgegen aller üblichen politischen Theorien, Politik und Wirtschaft konsequent zu trennen. Dies fängt bei der Abschaffung aller öffentlichen Unternehmen und staatlichen Subventionen und endet bei einer Gesetzgebung, die der Wirtschaft die Möglichkeit gibt, selber sozial zu werden. Bei einer solchen strengen Selbstverwaltung wäre es wieder vertretbar, daß ein Politiker zugleich eine führende Position in einem Unternehmen bekleidet. Dies würde bedeuten, daß er sich für beide Aufgaben eignet und nicht wie heute, daß er sich für keine von beiden eignet.

Solche Antworten wird Transparency International wohl von keiner Partei bekommen. Ein weiteres Rutschen Deutschlands im Korruptionsindex wird sich vielleicht doch vermeiden lassen. Nicht nur Spitzenpositionen der öffentlichen Unternehmen, sondern auch der deutschen Justiz werden durch die Politik besetzt.