Berliner Scientology wieder auf freiem Fuß

13.12.2001

Die Scientology-Organisation darf in Berlin nicht mehr von Vertrauensleuten des Verfassungsschutzes observiert werden. Das Berliner Verwaltungsgericht gab am Donnerstag einer Klage der umstrittenen Organisation statt, die sich gegen die Beobachtung durch das Landesamt für Verfassungsschutz gerichtet hatte. Das Land Berlin habe nicht plausibel dargelegt, dass der Einsatz von Vertrauensleuten auch gegenwärtig noch geboten sei, urteilten die Richter.

In anderen Bundesländern, beispielsweise Sachsen und Bayern, geht die Hexenjagd auf die etwa 6.000 Scientologen jedoch weiter.

Für "Verfassungsschützer" sind die Scientologen eine Gefahr für das freiheitliche Grundprinzip der Gesellschaft, weil die Zukunftsvision der Scientologen eine Gesellschaft von "cleanen" (geläuterten) Führungskräften vorsieht, und nur einer solchen "cleanen" Demokratie volle Legitimität zubilligt.

Dass die Scientologen angeblich so etwas wie "Gehirnwäsche" anwenden und den Mitgliedern ihre individuelle, geistige Freiheit rauben, scheint den Verfassungsschützern sekundär. Die Bespitzelungsmaschinerie ist ja auch ihrerseits ein Angriff auf die individuelle geistige Freiheit.

Alles, was nicht konform geht mit der materiellen Geistlosigkeit unserer Gesellschaft, und die sozioökonomische Besitzstandsbewahrung unterschreibt, wird mit der Verfassungskeule an den Pranger gestellt. Eine Vorstellung von einer höher entwickelten Gesellschaft ist, auch nur als Vision, für die geistlosen Hüter der geistlosen Gesellschaft ein Affront gegen das Prinzip der gleichen bodenlosen Geistlosigkeit. Wer könnte es dabei nicht auch mit dem Verfassungsschutz zu tun bekommen? Selbst die Staatskirche mit der christlichen Apokalypse hat eine Vision von einer fundamentalen Beseitigung der Gesellschaft. Arbeit gibt es also genug für die Verfassungsschützer.

Eine Gedankenpolizei ist aber einer Demokratie unwürdig, und wenn Scientology so gefährlich ist, wie behauptet wird, ist der Ansatz falsch, die Gesellschaft als Ganzes vor Scientology zu schützen, sondern viel eher sollten die Bürger als Individuen durch Öffentlichkeit und zivilrechtlich-polizeiliche Tätigkeit davor geschützt werden.