Modernes Regieren mit alten Mitteln

03.06.2000

Beim Berliner Gipfel über "Modernes Regieren im 21. Jahrhundert" haben 14 Staats- und Regierungschefs in ihrer Abschluss-Erklärung eine Machtbalance von Markt und Politik gefordert. Der Globalisierung könne nicht einfach freien Lauf gelassen werden. Der Staat müsse vielmehr für die Stabilität der internationalen Finanzmärkte sorgen. Gerhard Schröder kündigte die "Rückkehr des Politischen".

An den Gipfel hatten auch Wissenschaftler und Regierungsberater teilgenommen und zum Teil versucht andere Schwerpunkte zu setzen.

Der Physik-Nobelpreisträger Georges Charpak setzte sich für eine Bildungsinitiative als Antwort auf das Internet-Zeitalter ein. Da die Politiker aber den Bildungsbereich zur Politik rechnen, war es für sie nicht schwer ihm in ihrer Abschluss-Erklärung "höchste Priorität" einzuräumen. Von solchen Wissenschaftlern läßt man sich gerne beraten.

David Soskice vom Berliner Wissenschaftszentrum für Sozialforschung (WBZ) berichtete allerdings auch, dass eine Mehrheit der Experten sich für eine "radikale Liberalisierung der Hochschulausbildung" ausgesprochen hatten. Gerhard Schröder ging aber nicht so weit, den dafür notwendigen "Rückzug des Politischen" aus dem Bildungsbereich zu kündigen. Ob die Experten auch wirklich so radikal waren, einen solchen Rückzug zu verlangen, bleibt offen. Sie hätten sonst das Bild der Machtbalance von Markt und Politik ablehnen und sich für eine neue Balance von Markt, Politik und Bildung ausprechen können. Das wäre ein erster Schritt aus dem alten Machtdenken gewesen.