Das Problem des Lohnes methodisch betrachtet

01.08.1956

Quelle
Zeitschrift „Sozialwissenschaft am Goetheanum“
Heft 6, August 1956, S. 4
Bibliographische Notiz

Gegenstand des Vortrages war die Frage: Wie kann man zu einer wissenschaftlich genügenden Klärung des Lohnproblems vordringen? – Anhand der Grenzproduktivität des Lohnes und der Theorie der Arbeitsbewertung wurde dargestellt, dass der Gedanke des Lohnes selber – das Finden eines wirtschaftlichen Wertes als Äquivalent für eine menschliche Tätigkeit – verfehlt ist. Es lässt sich kein objektiv deutbarer Zusammenhang zwischen dem Lohn und der Leistung aufzeigen. Es gibt keinen wahren Lohn. Das Problem der Einkommensbildung ist dem Menschen zu freier Entscheidung anheimgegeben. Wie kann ein neues Mitarbeitsverhältnis anstelle des alten Lohnarbeitsverhältnisses sinnvoll gestaltet werden? Es muss grundsätzlich getrennt werden zwischen der Tatsache, dass ein Mensch im sozialen Organismus für andere tätig ist, und der anderen, dass er ein Einkommen aus diesem Organismus erhält (Soziales Hauptgesetz). Dabei sind drei Dinge zu beachten:

  1. Das Einkommen muss so bemessen werden, dass der Empfänger damit sein Auskommen bis zur nächsten Einkommenszumessung findet.
  2. Die Mitarbeit eines Menschen muss unabhängig davon auf dem Boden gleichberechtigten Mitwirkens an der Feststellung dieser Mitarbeit geregelt werden.
  3. Beides kann nur dann zu menschenwürdigen Lebens formen führen, wenn ein kraftvolles geistiges Leben die Arbeitsantriebe zu wecken vermag.

– Eine frei gestaltete soziale Ordnung macht darum notwendig, die Wirklichkeit aus ihren drei Komponenten sachgemäss dreigliederig zusammenzufügen. – Die Sozialwissenschaft muss die Lebensweisen des Menschenwesens, das selber Geistgesetzen gemäss sich entwickelt, ins Sinnesgebiet hinein verfolgen. Ihr Weg muss sein: Aus den vom Wesen des Menschen her sichtbaren Gestaltungsgesetzlichkeiten des sozialen Lebens heraus konkrete Lebensordnungen aufzuweisen.